Klaus Lüttgen: Zurück zu den Grizzlys und Eisbären „Ich habe gar keinen Bock auf alt“

Grevenbroich · Es war ein sonniger März-Nachmittag, mit einem Espresso unter den Platanen vor „Mimmos“ Café. Klaus Lüttgen war gerade von seiner Tour „Auf ein Fischbrötchen nach Norden“ (der Erft-Kurier berichtete). Man kam ins Plaudern. Lüttgen berichtete, dass er im kommenden Jahr von seinem Arbeitgeber (Stadtbetriebe) in Rente geschickt werde. Und dann entfuhr es ihm: „Ich habe gar keinen Bock auf alt. Und auch nicht auf Rente.“

Foto: Klaus Lüttgen

Und wer Klaus Lüttgen kennt, den es immer wieder hinauszieht auf dem einen oder anderen Fahrrad, der weiß, wie er auf Situationen wie diese reagiert: Er plant eine neue Tour, in diesem Fall eine ganz große. Die ihn dahin zurückbringt, wodurch er vor rund zehn Jahren bekannt wurde. Und die zugleich werben soll für mehr Umweltschutz, für weniger Plastik, für „Ocean clean“.

„Wenn jemand die Karnevalsorden-Sammlung seines Vaters auf einem Fahrrad fahrend in Alaska an die Einheimischen verteilt – dann stimmt etwas nicht. Klaus Lüttgen lächelt, wenn er die Geschichte erzählt und in die fragenden Augen seines Gegenübers blickt. Er kennt das schon. Der wichtigste Teil an dieser Geschichte ist: das Fahrrad. Die Sache mit den Karnevalsorden aus Köln war ein persönliches Ding. Kurzfassung: Vater und Sohn mochten sich zu Lebzeiten nicht, Sohn musste trotzdem die Karnevalsorden-Sammlung erben, Sohn wollte sie unter Qualen Menschen schenken. ,Dabei bin ich wieder zu mir gekommen‘, sagt Lüttgen.“ So fasste der „Ostfriesische Kurier“ anlässlich der „Fischbrötchen-Tour“ die Geschichte des Deutschland-, Europa- und Weltenbummlers zusammen.

Foto: Klaus Lüttgen

Die damalige Tour kam ins Fernsehen, wurde in einen Film zusammenschnitten (der in Kinos gezeigt wurde). Lüttgen hielt im ganzen Land Vorträge, erzählte begeistert von seinen Begegnungen mit Menschen und Tieren. Im kommenden Frühjahr will er zurück nach Nordamerika. Er will in Neufundland starten, 8.000 Kilometer bis Washington fahren, mit dem Schiff nach Alaska übersetzen, um dann noch mal über 1.000 Kilometer bis Tok zu radeln – in eine Stadt, in der knapp 1.400 Inuit leben. „Ich hoffe, dass es nicht meine letzte Tour wird. Es gibt dort Grizzlys und Eisbären“, lacht der Grevenbroicher fröhlich.

Dass Klaus Lüttgen sich Tok als Zielpunkt gesetzt hat, liegt weniger daran, dass er schon mit den Karnevalsorden dort gelandet ist. Vielmehr steht diese Wahl im direkten Zusammenhang mit dem Gesamtkonzept der Tour: „Die Polarkappen schmelzen und Tok steht in der Gefahr, überschwemmt zu werden“, berichtet er. Sein Ziel ist es, mit der Tour darauf aufmerksam zu machen, wie gefährdet unser Globus ist. Wie rücksichtslos wir Menschen im Alltag mit ihm umgehen. Und deshalb will er mit der Muskelkraft seiner Beine (und mit der übermütig bis leicht verrückt wirkenden Idee) für Aufmerksamkeit sorgen, die Umweltschutz-Organisationen nützen können, um auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen.

Foto: Klaus Lüttgen

Das ist sein Plan: Ostern kommenden Jahres (das Fest also, an dem auch das in der Natur wieder herausbrechende Leben gefeiert wird) will er seine Tour starten, bei der er in fünfeinhalb Monaten 9.500 Kilometer zurücklegen will. Mit seinem Fahrrad will er als Anhänger ein großes Ei durch die Länder und Landschaften ziehen, ebenfalls ein Symbol für das immer wieder beginnende Leben. So will er sowohl seiner Forderung „Schützt die Natur“ als auch seiner Hoffnung „Vertraut der Natur“ Ausdruck verleihen.

Ursprünglich wollte Klaus Lüttgen dieses Ei aus Meeres-Plastik formen lassen. Aus dem weggeworfenen Plastikmüll also, der noch immer in den Weltmeeren landet. Das sei aber technisch zu aufwendig. Und damit auch zu teuer. Deshalb will er das Ei nun aus Sperrholz gestalten. Dafür sucht er übrigens noch einen Fachbetrieb oder ein Fachunternehmen, das ihn dabei unterstützt. „Als Gegenleistung können wir Rad mitsamt Anhänger dort ausstellen. Und der Sponsor kann mit mir Werbung machen“, überlegt Lüttgen.

Grundsätzlich ist er gerade dabei, mit Umwelt- und Umweltschutz-Einrichtungen Kontakt aufzunehmen, damit beide Seiten von einander profitieren, Synergien entwickelt werden können.
Der Grevenbroicher griemelt: „Ich, als kleiner Klaus, bin derzeit auf Kontaktsuche zu den großen Organisationen, um alle Leute dazu zu animieren, mehr zuzuhören. Ich biete gegenseitige Unterstützung in dem Bemühen, Aufmerksamkeit zu schaffen.“

Wenn er Sponsoren sucht, dann geht es Klaus Lüttgen um das gesamte Projekt. „Für meine Kosten komme ich selbst auf. Dafür habe ich fleißig so einiges schon zurückgelegt“, betont er. „Mir geht es um die Umwelt. Bei dem Müll, den ich jeden Tag sehe, da mache ich mir halt so meine Gedanken“, sinniert er. Potentielle Sponsoren finden Kontakt zu ihm über seine Homepage www.rocktheroads.de.

So sehr er sich auf seine Rückkehr zu „Eisbär und Grizzly“ auch freut, so ist Klaus Lüttgen schon ein gewisser Respekt vor dem eigenen Mut anzumerken. Er sagt: „Meine Seele – ich bin halt ein sehr freiheitsliebender Mensch.“ Und dankbar schiebt er nach: „Gott sei Dank habe ich meine Heidi. Meine Heidi lässt mich ziehen …“