Quecksilber-Debatte bringt überraschende Erkenntnisse Jansen: „Akute Gefährdung der Bürger ist nicht gegeben“
Grevenbroich · Dirk Jansen vom "Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland" (BUND) konstatierte auf drängende Nachfragen zwar, dass es keine akute Gefährdung der Bürger durch die Quecksilber-Anteile in den Rauchschwaden des RWE gebe.
Dennoch bezeichnete er die Braunkohle als "dreckige Energie" und machte deutlich, dass sein Ziel nur der sofortige und radikale Ausstieg aus der Kohle-Verstromung sein könne.
Die Stadt hatte angesichts der öffentlichen Diskussion über "Quecksilber in den Rauchschwaden", die aus den RWE-Kraftwerken kommen, zu einer Diskussionsrunde geladen: Dirk Jansen vom BUND traf auf Eberhard Uhlig vom RWE.
Und der nannte ganze Batterien von Zahlen: 30 Prozent des Quecksilbers in der weltweiten Biosphäre gehe auf den Menschen zurück. Der Rest stamme aus Vulkan, den Ozeanen oder aus Waldbränden. 4,5 Prozent seien dabei von Europa aus verursacht, gar nur 0,57 Prozent seien quasi deutschen Ursprungs. Uhligs Fazit: "Auch wenn Sie alle Kraftwerke abschalten, würde das nichts ändern."
Was das Quecksilber (das unumstritten hochgiftig, ein Nervengas ist) in den Abgasen der Anlagen in Neurath und Frimmersdorf angeht, sind nach momentan gültigen deutschen Gesetzen 30 Mikrogramm pro Kubikmeter Abluft erlaubt. Im Jahre 2019 soll dieser Grenzwert auf zehn Mikrogramm sinken. Und in den USA sind nur bis zu 5,4 Mikrogramm erlaubt.
Eberhard Uhlig: "Alle RWE-Anlagen bringen heute schon die zehn Mikrogramm; die Hälfte liegt sogar unter 5,4 Mikrogramm." Die Umwelttechnik des RWE habe sich deshalb längst zu einem Exportschlager entwickelt.
Zahlen, die Dirk Jansen kannte (und wohl auch akzeptierte), die ihn aber nicht wirklich interessierten. Er verwies auf die Quecksilber-Belastung der deutschen Flüsse und Fische ("Daran hat ohne Zweifel auch der letzte Vulkanausbruch von Maria Laach seinen Anteil.") sowie auf Quecksilber-Anreicherungen, die sich bei Schwangeren und Neugeborenen nachweisen ließen. Angesichts dieser gegebenen Verseuchung der Biosphäre mit dem Schwermetall, sei jedes Kilogramm, das das RWE "on the top" noch dazu puste, absolut zu viel. Er forderte das RWE auf, den Quecksilber-Ausstoß gegen Null, mindestens aber unter ein Mikrogramm zu senken (... wobei das Ende der Braunkohle-Verstromung für ihn eh die beste Lösung wäre).
Reinhold Elsen von "RWE-Generation", der Eberhard Uhlig begleitete, plauderte hier denn auch aus dem Nähkästchen: Sein Unternehmen forsche derzeit, ob man mit "Herdofenkoks" (Aktivkohle aus Braunkohle) Quecksilber nahezu komplett aus der Abluft herausbekomme. Er sprach von ersten erfolgreichen Testläufen bei kleinen Anlagen.
Der Koks sei feinteilig und großporig zugleich, könne so die Quecksilber-Anteile einfangen. Problem sei — bei Großanlagen — noch die gleichmäßige Verteilung im Rauchgas. "Daran arbeiten wir mit Nachdruck", versprach er.
Bis dieses System einsetzbar sei, "werden wir zwei Jahre älter sein". Immerhin seien schon für Testläufe an den großen Kraftwerksschloten aufwendige Genehmigungsverfahren erforderlich. Wie teuer am Ende diese Lösung sei, so Elsen, könne man heute ebenfalls nicht sagen.
Was in diesem Zusammenhang gefährlicher sei, wollte ein Zuhörer wissen, die Abluft der Kraftwerke oder aber eine zerbrochene Energiesparlampe, die ebenfalls Quecksilber freisetzt. Die Lampe, so Jansen. Die werde deshalb durch LED ersetzt.
Gerhard Müller