Die e-Soccer-Zocker des TuS „Bis jetzt haben wir nicht viel verloren“

Grevenbroich · Sonntags vormittags jagt Malik Sinanovic für die erste Mannschaft des TuS Grevenbroich über den Platz. Er spielt im Sturm, zumeist als „Zehner“. Sonntags abends geht es weiter: Dann tritt er im „Pro Clubs“-Team des TuS an, um auch bei den e-Soccern Ehre einzulegen. Er ist Mannschaftsführer und „Manager“ zugleich. Fußball ist also sein Leben – analog wie virtuell.

Malik Sinanovic und Bugra Öztürk (links) plauderten mit der Redaktion über die e-Soccer-Zocker des TuS Grevenbrich.

Foto: KV./Gerhard P. Müller

Die e-Sportler von der Erft sind übrigens durchaus erfolgreich unterwegs: In der örtlichen „Pro Clubs“-Liga (Großraum Düsseldorf, Bergisches Land) kamen sie in der vergangenen Saison bei 20 Teilnehmern auf den vierten Platz. Und in der gesonderten Pokalrunde erreichten sie das Halbfinale. Hinzukamen gewonnene Turniere, wie das „ProLeague eFootball Masters“ in Düsseldorf. Hier holten sie im vergangenen Jahr auf Anhieb den ersten Platz, wurden mit Pokal und T-Shirts belohnt. In diesem März konnten sie den Titel verteidigen.

Übrigens: Seit Anfang November steht fest, dass die 14 Mann starke Truppe (Malik Sinanovic: „Wir sind unter Freunden.“) auch in der neuen Saison wieder in der Liga an den Start geht. Die ersten Spiele (sonntags abends jeweils zwei Begegnungen à 15 Minuten) sind auch schon gelaufen. Dann sollten natürlich mindestens elf Spieler am Start sein. Das klappt allerdings nicht immer; mitunter konnten nur neun Teamer antreten. Dann muss einer per „alle“-Funktion gleich mehrere Avatare steuern. Eine Ehre, die zumeist Bugra Öztürk zukommt, der sich in der vergangenen Saison über den Titel des Torschützenkönigs freuen konnte. Und der in Kürze beim BVB aus Dortmund als e-Soccer-Zocker vorspielen darf.

Auch wenn die TuS-e-Sports-Mannschaft, mit einer Altersspanne von 15 bis 35 Jahre, rekrutiert aus Familie und Freunden, seit vielen Jahren der Sportsimulation „EA Sports FC“ (Nachfolger des Spieleklassikers „FIFA“) frönt, sich abends via Internet trifft, um gegen andere Teams anzutreten, bei dieser Gelegenheit einen regen Austausch pflegt und so die Freundschaften verfestigt, war es nie ein gezielter Plan, in eine offizielle Liga einzusteigen. Der Anstoß dazu kam in der Tat aus der Vereinsführung. Malik Sinanovic: „Die wussten, dass ich diese Spiele zocke, und haben mich gefragt, ob das nichts für uns wäre.“ Die Antwort ist bekannt.

Für die „Pro Clubs“-Liga müssen die e-Soccer-Teams einem offiziellen Fußballverein angeschlossen sein. Und der Bogen reicht von den ganz kleinen Vereinen bis hin zu den großen Namen, für die es dann allerdings auch noch eine Profi-Liga gibt. In der direkten Umgebung haben der TSV Norf und der FC Delhoven noch e-Sports-Abteilungen. Im Laufe der Zeit haben Sinanovic und seine Kameraden aber auch schon gegen den SC Paderborn oder gegen den VfL Bochum gestritten. Der Manager gibt sich allerdings unbeeindruckt: „Bis jetzt haben wir nicht viel verloren. Und schon gar nicht hoch. Gegen Paderborn haben wir zum Beispiel gewonnen. Das war nicht die allerschwerste Aufgabe.“

Allerdings merke man bei solchen Begegnungen eine klare Veränderung im Team: Dann gehe es nicht mehr vorrangig um Fun, sondern allen sei der klare und entschlossene Willen anzumerken, gewinnen zu wollen. So wie es einem Sportler im Wettkampf ja auch sein sollte.

Im Grunde genommen sind es schon zwei Welten: Zunächst stand an erster Stelle der Spaß. Bugra Öztürk: „Abends sind wir alle an der Konsole und schauen wer schon da ist.“ Per Headset laufen Gespräche, während auf dem virtuellen Rasen mit den selbst erstellten Spielern Tore geschossen werden. Traum der Truppe wäre es übrigens, mal eine große Online-Party mit allen Team-Mitgliedern in einem Raum zu veranstalten. Und im TuS wird überlegt, ob man den Jungs für die Sonntags-Meisterschafts-Spiele nicht einen Raum besorgen kann.

Die offiziellen Wettkämpfe sind übrigens „mental anstrengend“, wie der Mannschaftsführer deutlich macht. „Bei Turnieren sitzt man schon zwei, drei Stunden hochkonzentriert vor dem Bildschirm“, berichtet Malik Sinanovic. Und kommt man in die Finalrunde, kann der Wettbewerb auch weit bis nach Mitternacht dauern. Gerade in Sachen Reaktion und Augen-Finger-Koordination muss dann einiges geleistet werden.

Klar, dass Siege gefeiert werden müssen: „Nach gewonnenen Turnieren treffen wir uns bei ,Mc Donalds‘“, strahlt Malik Sinanovic. Mit dabei dann auch sein jüngerer Bruder Deen (15), der bereits ein vielgeachteter Torwart ist. „Ein Spiel zu Null hat ihm in der vergangenen Saison gefehlt. Dann wäre er der beste Torwart der Liga gewesen. So wurde er der zweitbeste Keeper“, erzählt der Mannschaftsführer nicht ohne Stolz.

Sportler haben ihre Träume, die es ihnen erst ermöglichen, (Höchst)-Leistungen zu bringen, um ebendiese Wünsche irgendwann einmal vielleicht auch zu erreichen. Das gilt auch für Malik Sinanovic: „Einmal mit den Jungs auf der großen Bühne zu sitzen und zu spielen. Das wäre ein viel größerer Anreiz als alles Geld.“ E-Profis nämlich werden von ihren zahllosen Fans begleitet und beobachtet …

(Gerhard P. Müller)