L 361 n versus „Krützen-Highway“ Viele Bürger wurden im Regen stehen gelassen…
Kapellen · Kapellen. Die Bürgerversammlung, zu der Bürgermeister Klaus Krützen eingeladen hatte, um seine Abkehr von der L 361 n hin zum neuen „Krützen-Highway“ zu erklären, stieß auf die erwartete Resonanz.
Und brachte am Ende auch das wohl zu erwartende Ergebnis. Doch der Reihe nach.
Die Versammlung. „Ich habe Sorgen, dass jemand, der diese Versammlung geplant hat, auch unsere Straßen plant“, sagte einer der anwesenden Bürger unter lautem Beifall. Und in der Tat platzte die evangelische Kirche in Kapellen aus allen Nähten. Die bereitgestellte Security (!) sperrte irgendwann den Saal; gut 40 Bürger blieben daraus im leichten Nieselregen stehen. Sie protestierten einige Zeit, bevor sie wutschnaubend von dannen zogen. Drinnen kam nach dem bürgermeisterlichen Vortrag nur schwer eine Diskussion in Gang. Denn die Mikrofon-Anlage, die für den normalen sonntäglichen Gottesdienst sicherlich ausreicht, konnte sich kaum durchsetzen. Und jeder, der sich zu Wort melden wollte, musste sich durch die Massen nach vorne kämpfen, um an ein Kabel-Mikro zu kommen.
Die Bürger. Die Spannweite der Wortmeldungen war immens. Da gab es Bettina Rolf von der Talstraße, die die L 361 n ablehnte, weil man versuche „in einer so dynamischen Welt mit so alten Plänen“ zu agieren, die „auf Vergangenheitsfakten basieren“ würden. Sie forderte den Einsatz von „Zukunftsforschern“, weil sie der Überzeugung ist, dass wir bis zur Realisierung der Straße auch im lokalen Bereich fliegen würden.
Da gab es den Kapellener, der für den Fall, dass die „Klimawende“ gelingen würde, postulierte, dass alle mit e-Autos unterwegs wären, die dann doch auch durch die Erft-Aue „säuseln“ dürften. Sollte der Klimawandel sich aber nicht aufhalten lassen, könne die L 361 n trotzdem gebaut werden. Denn dann wäre die Erft-Aue eh platt…
Ein anderer prophezeite, dass bis zum Zeitpunkt, an dem irgendwo um Kapellen eine Entlastungsstraße gebaut werde, viele der Anwesenden längst gestorben seien.
Der Bürgermeister. „Jede Straßenplanung fängt mit einem Strich auf der Landkarte an.“ Klaus Krützen versuchte noch einmal, seinen Meinungswandel zu erklären und trat dabei zugleich dem Vorwurf entgegen, er habe die L 361 n für „grüne“ Unterstützung bei seiner nächsten Bürgermeister-Kandidatur verkauft. Er wiederholte den Satz, dass es ihm darum ginge, auch nach seiner Zeit als Verwaltungs-Chef noch in den Spiegel schauen zu können.
Eine Bürgerin verglich ihn in diesem Zusammenhang übrigens mit Kanzlerin Angela Merkel, die ja schon mehrfach die „Rolle rückwärts“ gemacht habe (… war als Lob gemeint!).
Ansonsten wiederholte Krützen seine Argumente (Erft-Kurier berichtete bereits), variierte nur seinen Zeitplan. Demnach könnte die L 361 n im besten Fall 2031 (ohne Klage) und im schlechtesten Fall 2036 (mit Klage) in Betrieb genommen werden. Der „Krützen-Highway“ könne dagegen erst zwischen 2038 bis 2042 freigegeben werden.
„Straßen NRW“ nennt da übrigens andere Zahlen (siehe Grafik): Danach könnte die L 361 n zwischen 2024 und 2027 den Betrieb aufnehmen, während der „Krützen-Highway“ zwischen 2033 und 2041 realisierbar sei.
Das Fazit. Das kann nur so lauten, dass es keins gibt. Stimmung und Meinung halbierten sich in der Versammlung deutlich. Die Lager für und gegen die L 361 n waren etwa gleich groß, wobei allerdings nur schwer einzuschätzen war, wie viele betroffene Bürger und wie viele (ökologische) Polit-Touristen vor Ort waren.
Selbstredend blieben am Ende viele Fragen offen. Immerhin müssen die Ergebnisse des neuerlichen Verkehrsgutachtens und der laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung abgewartet werden. Krützen will aber noch in der Dezember-Sitzung des Rates den Beschluss fassen lassen, dass auch der „Krützen-Highway“ mit in die Verkehrsanalyse aufgenommen werden soll. Dafür will er gerne 10.000 bis 15.000 Euro aus der Stadtkasse investieren.
Gerhard Müller