Job oder Schule? Müssen Eltern etwa entscheiden?

Jüchen · Die Einschulung steht bevor. Ein großer Schritt für die Kinder – aber auch für die Eltern. Doch wenn nicht genügend Ogata-Plätze zur Verfügung stehen und damit die Berufstätigkeit der Eltern plötzlich nicht mehr wie geplant absolviert werden kann, rückt die Freude über den Schulstart ganz schnell in den Hintergrund.

Arbeiten wenn die Kinder von 8 bis 11.30 Uhr in der Schule sind? „Kaum machbar“, finden Andrea Commandeur (links) und Kristina Rohmann.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Julia Schäfer

Andrea Commandeur und Kristina Rohmann konnten ihren Augen kaum glauben, als sie die Briefe in den Händen hielten, dass ihre Kinder keinen Platz in der Ganztagsbetreuung erhalten, wenn sie in zweieinhalb Monaten eingeschult werden. „Wir arbeiten zwar beide unter 20 Stunden, aber dennoch ist es bei den Arbeitszeiten nicht möglich, die Kinder um 8 Uhr zur Schule zu bringen und um 11.30 Uhr wieder abzuholen. Welcher Arbeitgeber macht das mit“, fragen die Mütter.

Auf der Suche nach einer Lösung stießen die Frauen auf das Konzept der „verlässlichen Schule“. Das wird in vielen verschiedenen Städten umgesetzt – unter anderem auch in Korschenbroich, das immerhin unter der Leitung des gleichen Jugendamtes steht wie Jüchen. Bei der „verlässlichen Schule“ werden die Schüler bis 13 Uhr betreut. Dabei geht es nicht um ein Mittagessen, auch nicht um das Hausaufgabenmachen, sondern vielmehr um die Chance für die Eltern, ihrer beruflichen Tätigkeit weiter nachzugehen. „Wir denken, dass diese Zeiten auch vielen Eltern reichen und so die Ogatas entlastet würden“, glaubt Rohmann.

Doch die Kontaktaufnahmen mit der Stadt sehen die Mütter alles andere als befriedigend: Auf Mails habe es keine Antwort gegeben, auf Nachfrage sei nur eine vorgefertigte Rückmeldung gekommen und als das Thema in der Bürgersprechstunde zur Sprache kam, lautete die Antwort „Das ruckelt sich schon ein!“. Bürgermeister Harald Zillikens erklärt, was er damit gemeint hat: „Die Warteliste ist nicht lang. Es sind in Jüchen weniger als zehn Kinder, die keinen Platz bekommen haben. Aus der Erfahrung kann ich sagen, dass es oft noch Kündigungen gab und dann doch noch Plätze frei wurden. Die Regel ist, dass wir die Wartelisten abarbeiten können – oft schneller als die Eltern es erwarten.“

Doch darauf können sich die Eltern nicht verlassen. Der Frust ist groß: „Wir haben keine Großeltern, die mal eben einspringen können. Jüchen wächst und wächst, aber wir gewinnen den Eindruck, dass der Ausbau von Ogatas, Kitas und Co. dabei vernachlässigt wird. Wie sollen wir denn nun eine Lösung finden? Was sollen wir unserem Arbeitgeber sagen? Er muss mit uns planen...“
Eine Petition soll nun dafür sorgen, dass auf das Problem aufmerksam gemacht wird. Innerhalb weniger Tage kamen schon 200 Unterschriften unter http://chng.it/k6zN7QVG zusammen. „Wir fordern, dass die Stadt berufstätigen Eltern hilft, Familie und Beruf miteinander zu verbinden. Das funktioniert in anderen Städten auch!“

Harald Zillikens verweist darauf, dass die Betreuung in den Ogatas eine Ratsentscheidung war, hinter der er auch jetzt noch steht: „Und dann muss es eben auch Richtlinien geben, anhand derer wir die Plätze vergeben. Ich kann nicht einer Familie, in der ein Elternteil Vollzeit und das andere 30 Stunden arbeitet den Platz verwehren und jemandem geben, der nur 15 Stunden arbeitet. Dazu kommt, dass die Schulen signalisiert haben, dass sie kein Interesse an dem Konzept der verlässlichen Schule haben.“

Für die Mütter schwer nachzuvollziehen. Sie möchten weiter kämpfen, um sich stark für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu machen.