Im Interview: Stadtplaner Florian Herpel „Es werden viele lächelnde Menschen zu sehen sein“

Grevenbroich · Von Berufs wegen Fachleute für den fantasievollen Blick in die Zukunft sind unsere Stadtplaner. Im Rathaus werden sie geführt von den „technischen Beigeordneten“. Auf Klaus Steingießer und Werner Hoffmann folgte Florian Herpel, der aktuell für die Ausgestaltung der Schloss-Stadt verantwortlich zeichnet.

Foto: KV/gpm

Mit ihm sprach der Erft-Kurier über den Stellenwert Grevenbroichs, über städtebauliche Entwicklungen in der Vergangenheit und in der Zukunft.

Wie würden Sie die städtebauliche Entwicklung der Stadt Grevenbroich beschreiben? Steht unsere Schloss-Stadt zwischen Köln und Düsseldorf, Neuss und Mönchengladbach gut da?

Ja. Von Grevenbroich aus ist jede dieser Städte schon jetzt gut erreichbar und wird durch den Ausbau der Bahnverbindungen noch besser erreichbar werden. Das macht die Stadt nicht nur für Grevenbroicher, sondern auch für andere Wohnungssuchende als Wohnstandort interessant.

Florian Herpel, technischer Beigeordneter der Stadt Grevenbroich, in einem Selfie an seinem Lieblingsort.

Foto: Herpel

Grevenbroich ist eine lebenswerte und liebenswerte Stadt. Die Nähe zu den Naherholungsbereichen, insbesondere im Erft-Bend und den Parkanlagen der Landes-Garten-Schau spielt eine besondere Bedeutung als weicher Standortfaktor. Mit den aktuellen Bauvorhaben in der Innenstadt (zum Beispiel „Quäker-Quartier“, „Erft-Lofts“, „Phönix-Projekt“) setzen wir architektonische Akzente, die geeignet sind, auch die städtebauliche Entwicklung voran zu treiben.

Aufgabe für die Zukunft sind insbesondere die Stärkung der Innenstadtfunktionen, die Bewältigung des Strukturwandels durch Schaffung neuer nachhaltiger Arbeitsplätze sowie die nachhaltige und klimagerechte Umgestaltung der Stadt unter Berücksichtigung der Potenziale, die unsere Stadt bietet.

Gibt es städtebauliche Entwicklungen aus der Vergangenheit oder Einzelbauten, die Sie eher bedauern? Wo Sie das Rad der Zeit am liebsten zurückdrehen würden?

Nein, es ist vermessen, zurückblickend die Realisierung von Projekten aus der Vergangenheit zu kritisieren. Jedes Projekt ist im Lichte der Zeit realisiert worden. Vielmehr gilt es, städtebauliche Bedarfe und Entwicklungen in zukünftigen Planungen zu berücksichtigen.

Was sind die entscheidenden Faktoren, die heutzutage eine Stadt lebenswert machen? Welche Faktoren werden Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren mehr in den Mittelpunkt rücken?

Die Menschen in unserer Stadt legen immer größeren Wert auf ein gesundes Wohnumfeld. Es gilt, die verschiedenen Bedarfe, die sich aus den Gesichtspunkten der Mobilität und des Aufenthalts im öffentlichen Raum ergeben, miteinander zu versöhnen.

Wir werden die Polarisierung überwinden und Angebote machen, mit denen die Wohngebiete, die innerörtlichen (Einkaufs-)Lagen und der weitere öffentliche Raum attraktive Nutzungs- und Aufenthaltsqualitäten bieten. Weitere Faktoren werden sein, Wohnen, Arbeit und Erholung räumlich stärker miteinander zu verbinden.

Zum Verkehr: Werden in zehn, zwanzig Jahren Kolonnen von Lastenrädern von den Neubaugebieten in Frimmersdorf oder Elsen ins Einkaufszentrum rund ums „Hammerwerk“ radeln? Oder werden wir uns eher an schnelle, private Mini-Hubschrauber gewöhnen müssen?

Die Frage ist sehr pointiert formuliert. Wir müssen uns von der damit einhergehenden Polarisierung lösen. Es geht zukünftig um ein „sowohl-als auch“ und nicht um ein „entweder-oder“.

Was spricht dagegen, den Straßenraum so zu gestalten, dass er für kürzere Strecken (zum Beispiel zur Erledigung des „täglichen Einkaufs“) nicht auch mit Lastenfahrrädern gut genutzt werden kann?

Alleine der deutlich geringeren Lärm- und Luftbelastung wegen kann ich mir gut vorstellen, dass sich weite Teile der Bevölkerung eine Zunahme des Radverkehrs und eine Reduzierung des Autoverkehrs wünschten. Dies möchten wir durch Überzeugungs- und nicht durch Verbotsarbeit sowie durch solche Planungen erreichen, die eine gut nutzbare Alternative zum Autoverkehr anbieten.

Ob in der weiteren Entwicklung auch zunehmend Drohnen oder Mini-Hubschrauber das Erscheinungsbild prägen, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht einschätzen. Die technische Entwicklung wird zeigen, wie die Entwicklung weiter gehen wird.

Und da wir schon beim Träumen von der Zukunft sind: Wie wird das Wohnen der Zukunft, wie werden die Wohngebiete aussehen? Viel Grün zwischen Tiny-Houses? Oder effizient und kompakt in leicht recycelbaren Gebäuden?

Wohngebiete werden sich zukünftig sehr viel stärker an den Menschen ausrichten und sich vom Fokus auf die Autoverkehrstauglichkeit „bis vor die Haustür“ lösen. Die Frage, in welchen Wohnformen und Haustypen die Menschen leben, hängt von der weiteren Bedarfsentwicklung ab.

Aktuell haben wir im Stadtgebiet den Bedarf von insgesamt rund 1.900 zusätzlich erforderlichen Wohneinheiten zu decken. Ich bin den zahlreichen, aktuellen Initiativen im Rat und von Investoren dankbar, die eine aktive Wohnbauland- und Wohnbauentwicklung betreiben, um diesen Bedarfen entgegentreten zu können.

Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz wird eine größere Rolle bei der Neuerrichtung/Modernisierung von Wohnquartieren spielen.

Wagen wir noch einen Blick voraus: Wie, denken Sie, wird Grevenbroich allgemein in zehn, zwanzig Jahren aussehen? Wie sollte Grevenbroich dann aussehen?

Grevenbroich wird eine Stadt sein, in der die Menschen gerne leben und die von Gästen gerne besucht wird. Es werden viele lächelnde und glückliche Menschen in der Stadt mit ihren Ortsteilen zu sehen sein.

Soweit das Interview mit Stadtplaner Florian Herpel, der sich ausführlich dem Interview von Redakteur Gerhard Müller stellte. In dieser Ausgabe finden Sie weitere Interviews aus allen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen der Schloss-Stadt Grevenbroich.

(Gerhard P. Müller)