Im Interview: Stadtförster Frank Wadenpohl Komplettausfall von Ahorn und Esche

Grevenbroich · In der neuen Ausgabe des Magazins „Grevenbroich – unsere Heimat“ war ein spannendes Interview mit Stadtförster Frank Wadenpohl geplant, der vor keiner geringeren Aufgabe steht, als den städtischen Wald für die kommenden Klimaveränderungen fit zu machen. Eine Art Zwischenbilanz, die jetzt über die Homepage publiziert wird.

Vom Ahorn werden wir uns verabschieden müssen, prognostiziert der Stadtförster.

Foto: Archiv

Wie steht es um den Grevenbroicher Wald? Was wäre in einem Waldzustandsbericht niederzuschreiben?

Die Waldbäume leiden nach wie vor unter der Trockenheit der vergangenen Jahre. Hierdurch fehlt die Kapillarpumpenwirkung des Versorgungswassers – insbesondere für die älteren Bäume – zu einem vitalen Wachstum. Hierdurch sind in erster Linie Eschen und Ahorn vorbelastet, was man als Primärschädigung bezeichnet. In der Folge legen sich Sekundärschädigungen auf die Waldbäume, die dann mortal sind. Bei der Esche ist es das „Weiße Stengelbecherchen“ (Eschentriebsterben) und beim Ahorn die „Rußrindenkrankheit“. Eine Parallelschädigung in nicht unerheblichem Ausmaß findet dann – je nach Standort – auch noch durch den Hallimaschpilz im Boden statt. Dieser Pilz bringt die Wurzel zum Absterben.

Prognose für Esche und Ahorn: Komplettausfall in den nächsten 20 Jahren. Je nach Frühjahrs-/Sommertrockenheit ebenfalls massive Schädigungen, bis zum Totalausfall, in den jährigen bis dreijährigen Neukulturen durch Austrocknen des Oberbodens. Weitere Schädigungen der Jungkulturen durch zunehmenden Wildverbiss. Grund hierfür ist die zunehmende Zahl der Hundebesitzer. Hierdurch wird die Natur immer stärker beunruhigt, was dazu führt, dass das Wild bis auf ein, zwei Stunden in der Nacht in den Einständen bleiben muss. Aufgrund des Äsungsrhythmus werden dann zum großen Teil die Forstpflanzen verbissen.

Stadtförster Wadenpohl.

Foto: KV/Gerhard P. Müller

Was ist in Sachen „Antizipation Klimawandel“ zu tun? Was plant die Stadt, was hat sie schon getan? Wie sieht es mit den Kosten aus? Wer trägt sie?

Die Bereitschaft, ihrer globalen Verantwortung für den Klimaschutz durch lokales Handeln gerecht zu werden, hat die Stadt Grevenbroich bereits 1996 mit dem Beitritt zum „Klima-Bündnis der europäischen Städte mit indigenen Völkern der Regenwälder“ bekundet. Eine weitere Maßnahme im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit ist die Bereitstellung des Solardachkatasters und des Gründachkatasters für alle Gebäude im Stadtgebiet auf der Internetseite der Stadt Grevenbroich.

Das im Oktober 2023 beschlossene Integrierte Klimaschutzkonzept bildet die strategische Arbeitsgrundlage für die zukünftigen Klimaschutzaktivitäten der Stadt Grevenbroich. (…) Aktuelle energetische Sanierungsprojekte konzentrieren sich auf die Steigerung der Energieeffizienz, die Senkung des Energieverbrauchs und den Ausbau erneuerbarer Energien, vorrangig in Schulgebäuden und Sporthallen. Diese Projekte resultieren aus Maßnahmen, die in den Handlungsfeldern „Erneuerbare Energien“ (EE) und „Vorbildkommune“ (VK) des Integrierten Klimaschutzkonzeptes verankert sind. (…)

Darüber hinaus werden weitere Maßnahmen wie die kommunale Wärmeplanung (VK-05) und Veranstaltungen zur Klimabildung und Öffentlichkeitsarbeit in Kooperation mit dem Schneckenhaus angeboten, wie im Umsetzungsfahrplan des integrierten Klimaschutzkonzeptes vorgesehen.

Ein Walnussbaum

Foto: Susanne Schmich

Die Kosten sind projektabhängig. Die Finanzierung erfolgt vorrangig über Fördermittel/Zuschüsse (zum Beispiel für Photovoltaik rund 90 Prozent über ,Progress NRW‘) und auch über Haushaltsmittel wie zum Beispiel beim aktuell ausgeschriebenen Klimaschutzpreis. Die kommunale Wärmeplanung in Kooperation mit der NEW wird von der NEW finanziert. Es entstehen für die Stadt keine Kosten im Zusammenhang mit dieser Maßnahme.

Was halten Sie von „Tiny forests“? Wo könnten Sie in Grevenbroich eventuell platziert werden?

Von den gegebenen Strukturen / Standorteigenschaften der jeweiligen Kommunen, wie auch Grevenbroich, müssen die Maßnahmen an den Klimawandel entsprechend angepasst, herausgearbeitet und auf die jeweiligen Bedarfe übertragen werden. Daher ist aktuell unter dem Schlagwort „Tiny forests“ nichts Derartiges geplant und angedacht, da Grevenbroich eine Flächenkommune ist und 600 Hektar Wald bewirtschaftet, zusätzlich mit Wäldern in privaten Eigentum (RWE). Dieser Ansatz von „Tiny forests“ zur Klimaanpassung sehen wir eher im Bereich von Großstädten mit wenig Waldstrukturen und wenig grüner Infrastruktur.

Der fachliche Terminus besagt, dass ein aussagekräftiges, wirksames Waldinnenklima einer – je nach Baumart – entsprechende Größe unterliegt. Diese Dimensionen sind im urbanen Raum, respektive in der Bebauungssituation nicht umzusetzen. Hier ist marginal eine Staubimmissionsreduzierung zu verzeichnen und vielleicht bringt es im Temperaturausgleich einen Effekt, der zu beweisen wäre.

Aspekte, die sich an die Anpassung des Klimawandels und der Stärkung unserer bestehenden Grünen Infrastruktur befassen, werden in Planungen sowie Projekten wie Dorfrandgestaltung, naturnahe Eingrünungen von Wohn- und Gewerbeflächen sowie Erlebnisräumen betrachtet, geplant und umgesetzt.

Was raten Sie dem privaten Gartenbesitzer: Welche Baumarten haben angesichts des Klimawandels in der Zukunft noch eine Chance, welche eher nicht?

Zuerst einmal müssen festhalten, dass es den zu hundert Prozent passenden „Klimabaum“ nicht gibt. Unser Klima befindet sich derzeit immer noch und auch weiterhin in Veränderung; die Sommer werden heißer und trockener und der Regen fällt nicht mehr über mehrere Tage hinweg konstant, sondern auch hier dann häufiger als Starkregen. Der häufiger ausgetrocknete Boden kann dann diese Massen an Wasser nicht so schnell aufnehmen und in tieferen Schichten leiten – es kommt zu Bodenabtragungen.

In diesem Zuge haben sich Kommunen zusammengeschlossen und die „Straßenbaumliste“ (Gartenamtsleiterkonferenz-Liste, kurz GALK-Liste) entworfen. Diese Liste stellt Bäume dar, die sich den aktuellen Bedürfnissen des Stadtklimas anpassen können und an ihrem Standort gut bis sehr gut zurechtkommen. Die Liste ist frei im Internet einsehbar und wird zweijährlich aktualisiert, da die hier gelisteten Bäume unter ständiger Beobachtung durch Fachleuten stehen, welche Feldversuche betreiben, in denen sich über einen längeren Zeitraum zeigt, ob sich die verschiedenen Bäume für das Stadt-Klima eignen.

In der Vergangenheit zeigte sich, dass unsere heimischen Bäume anfälliger für Krankheiten und Schädlinge waren, als Bäume zum Beispiel aus dem Mittelmeer-Raum, die eine solches Klima gewohnt sind. An einheimischen Bäumen zeigt sich dies am Beispiel der „Sommersonnen-Nekrose“: Die junge Rinde ist noch sehr dünn und weist nahezu keine Borke auf. Bei längerer Sonneneinstrahlung bietet diese somit noch keinen ausreichenden thermischen Schutz für das darunter befindliche Bastgewebe – somit wird der Baum anfälliger.

Die Stadtbetriebe sehen derzeit zum Beispiel von Eschen als Nachpflanzung ab, da sich das „Eschentriebsterben“ sehr stark verbreitet. Es sind noch keine resistenten Eschensorten bekannt, die dieser doch rasch voranschreitenden Krankheit trotzen könnten.

Aufgrund der höheren Blattmasse und der damit erhöhten Feinstaubbindung sowie eines höheren Kühleffektes bevorzugen die Stadtbetriebe die Anpflanzung von Laubbäumen eher als von Nadelbäumen, bis neuere Erkenntnisse vorliegen würden.

Für private Gartenbesitzer stellen sich diese Fragen zwar ebenso, darüber hinaus spielen in privaten Gärten oftmals aber andere Aspekte wie Blüte, Früchte, Ästhetik oder die emotionale Bedeutung eine größere Rolle. Auch Obstbäume werden von privaten Gartenbesitzern oftmals favorisiert. So präsentieren sie sich zum einen in ihrer Repräsentanten-Blüte, zum anderen schenken sie ihren Besitzern im Herbst frisches und nahrhaftes Obst.

Im Privatgarten ist ebenfalls das Ausmaß des Baumes im Endstadium von Bedeutung. Nicht immer ist der pflanzenden Person klar, wie groß der neu gepflanzte Baum in etwa 20 Jahren ist. Hier empfehlen wir, sich im Vorfeld fachkundigen Rat einzuholen. Auch sind die Grenzabstände einzuhalten (diese sind im NachbG in §41 – 44 genannt), um späteren Ärger mit Nachbarn zu vermeiden.

Fazit: Die Stadtbetriebe können nicht genau benennen, welche Bäume sich besser oder schlechter für einen Hausgarten eignen. Sie verweisen hier eher auf die Artenvielfalt an Bäumen und die einzelnen Besonderheiten, die man in einem Privatgarten vorfindet. So ist jeder Baum individuell an seinem späteren Pflanzort zu bewerten und auch abzuwägen ob er sich an diesem Standort eignet.