Schulpsychologischer Dienst unterstützt Eltern und Kinder Wenn Kinder Buchstaben vertauschen

Grevenbroich · Wenn Kinder auch noch Jahre nach dem Schuleintritt mit den Fingern zählen und überdurchschnittlich lange auch einfache Aufgaben bearbeiten, kann Dyskalkulie oder Rechenschwäche die Ursache sein. In der Regel sind die Lehrkräfte in den Grundschulen die Ansprechpartner für die Eltern – ebenso wie bei Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS).

Daniela Frimmersdorf ist Leiterin des Schulpsychologischen Dienstes des Rhein-Kreises.

Foto: RKN.

Wenn sich die Probleme auch nach umfangreicher schulischer Förderung nicht verbessern, können sich betroffene Eltern an den Schulpsychologischen Dienst des Rhein-Kreises wenden. Im Interview schildert Daniela Frimmersdorf, Leiterin des Schulpsychologischen Dienstes, wie sich LRS und Dyskalkulie bemerkbar machen und was zu tun ist.

Was sind typische Anzeichen für LRS und Dyskalkulie?

Daniela Frimmersdorf: Anzeichen für eine LRS werden meist mit Schuleintritt sichtbar, häufig ab der zweiten und dritten Klasse. Während die meisten Kinder Fortschritte machen, zeigt sich bei einigen Kinder mit Lese- und/oder Rechtschreibschwierigkeiten eine auffällig hohe Anzahl und Wechselhaftigkeit der geschriebenen Fehler. Die Kinder versuchen, alles zu vermeiden, was mit Lesen und Schreiben zu tun hat. Anzeichen für eine Dyskalkulie werden ebenfalls mit Schuleintritt, häufig erst ab Klasse drei, bemerkt. Hier fällt auf, dass das Kind wiederholt ähnliche oder identische Rechenfehler macht. Hinzu kommen zum Beispiel häufiges Verrechnen um 1, Einer und Zehner werden vertauscht, Rechenarten werden verwechselt, und ein grundsätzliches Zahlenverständnis fehlt.

Wie wirken sich diese Schwächen aus?

Daniela Frimmersdorf: Schwierigkeiten in den Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen haben Einfluss auf alle Schulfächer und auf alltägliche Lebenssituationen. Wiederholte Misserfolge nagen am Selbstbewusstsein und können zu Lernblockaden, sozio-emotionalen Auffälligkeiten, Resignation, psychosomatischen Beschwerden wie Bauch- und Kopfschmerzen und auch Schulangst führen. Darum sind eine frühe Feststellung und gezielte, effektive Unterstützung und Entlastung für Betroffene sehr wichtig.

Was empfehlen Sie bei einem Verdacht auf LRS oder Dyskalkulie?

Daniela Frimmersdorf: Zunächst sollten Eltern das Gespräch mit den Lehrkräften suchen und alle schulischen Maßnahmen ausschöpfen, das heißt, die Schule sollte die betroffenen Kinder bestmöglich fördern. Erst wenn sich trotz dieser Maßnahmen keine Verbesserung einstellt, erfolgen eine weiterführende Diagnostik und Förderberatung in außerschulischen Einrichtungen wie dem Schulpsychologischen Dienst, einem Sozialpädiatrischen Zentrum oder eine kinder- und Jugendpsychiatrischen Einrichtung. Allerdings haben wir für eine Beratung im Schulpsychologischen Dienst zurzeit eine Wartezeit von mehreren Wochen. Interessierte Eltern erhalten zudem Informationen beim Kölner Arbeitskreis für LRS und Dyskalkulie. Wichtig ist, dass die außerschulische Förderung auf die individuelle Bedarfslage des Kindes und der Familie abgestimmt sein sollte.

Wie sollten Eltern mit ihrem Kind umgehen?

Daniela Frimmersdorf: Wir empfehlen den Eltern, dem Kind vor allem den psychischen Druck zu nehmen, Verständnis zu zeigen und gelassen zu bleiben. Bei einer bestehenden Teilleistungsschwäche gilt nicht das Motto „viel üben, hilft viel“. Eltern sollten hier lieber gemeinsame Vorlese,- Kuschel,- und Spielzeiten anbieten und dem Kind vermitteln „du bist gut so, wie du bist“. Die Schwächen und Schwierigkeiten des Kindes dürfen nicht zum Mittelpunkt des Familienlebens gemacht werden.

Sie und Ihr Team bieten Beratung und Unterstützung vor Ort. Was sind Ihre Themengebiete?

Daniela Frimmersdorf: Der Schulpsychologische Dienst ist eine gemeinsame Beratungseinrichtung des Rhein-Kreises und des Landes mit den Standorten Neuss, Grevenbroich und Dormagen. Unsere psychologischen und sozialpädagogischen Fachkräfte beraten alle am Schulleben Beteiligten bei allen schulbezogenen Fragestellungen. Die Schwerpunktthemen der Beratung sind Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten von und Schülern. Der gesamtgesellschaftliche Anstieg in den Bereichen Mobbing, psychische und physische Gewalt führt aber auch immer häufiger dazu, dass wir innerhalb der Schulgemeinden und in Krisensituationen beraten und unterstützen.

Weitere Infos:
Der Schulpsychologische Dienst des Rhein-Kreises Neuss sitzt an der Oberstraße in Neuss. Weitere Standorte sind Grevenbroich und Dormagen. Interessierte nehmen telefonisch unter 02131 928-4070 Kontakt auf.

Die Fachkräfte hatten im Jahr 2023 insgesamt 3.531 Beratungskontakte. Dabei ging es häufigsten um Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten (40 Prozent), Rechenschwierigkeiten (24 Prozent) und Verhaltensauffälligkeiten (22 Prozent).

Angeboten werden auch Programme zur Förderung der sozialen Kompetenz, pädagogische Fachtage an den Schulen und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte. In der „Elternschule“ geben die Fachleute Tipps zu zahlreichen Fragen rund um die Schule. Das Angebot steht allen Bürgern des Rhein-Kreises kostenlos zur Verfügung.

Die Beratung ist freiwillig, vertraulich und unabhängig.

(-ekG.)