Obdachloser in Bushaltstelle: Ein ganzer Ort macht sich Sorgen, doch helfen ist schwierig

Kapellen · Ein ganzer Ort macht sich Sorgen und möchte anpacken: In Kapellen hat sich ein Obdachloser in der Bushaltestelle „Stadionstraße“ einquartiert und dem geht es sichtlich nicht gut. Die Bürger sorgen sich und möchten dem Mann helfen.

Doch das ist nicht so einfach.

Besorgte Anrufe in unserer Redaktion und Diskussionen in örtlichen „facebook“-Gruppen zeigen, dass das Schicksal des einsamen Mannes in der Bushaltestelle nicht an den Bürgern vorbei geht.

Besonders in der Vorweihnachtszeit ist die Hilfsbereitschaft immens groß. Süße Plätzchen, warme Decken, ein leckeres Essen oder heiße Getränke wurden dem Mann von mehreren Bürgern angeboten – doch der Obdachlose möchte nichts annehmen. Vielmehr äußerte er gegenüber einer Anwohnerin, dass er nur darauf warte zu sterben.

Was ist also zu tun in einem solchen Fall? Gefahr geht kaum aus von dem Wohnungslosen. Die meisten Kapellener akzeptieren, dass er in der Bushaltestelle Unterschlupf gefunden hat.

Groß ist die Sorge, weshalb die Hilfe nicht angenommen wird. „Man kann einen Menschen doch nicht vor sich hin vegetieren lassen. Es muss doch gehandelt werden, bevor er stirbt“, werden Stimmen laut. Zudem rücken Rettungswagen, Polizei und Ordnungsamt regelmäßig an, weil die Bürger sie auf der Suche nach Hilfe anfordern. Doch auch denen sind rechtlich die Hände gebunden.

Der Verdacht liegt nah, dass es sich nur um einen Hilfeschrei des Obdachlosen handelt. Es ginge nicht nur um Essen, sondern vielmehr um Aufmerksamkeit. Langsam fasse der junge Mann Vertrauen, erzähle von sich und seinem Leben und rühre damit umso mehr, denn Probleme, wohl tief verankert in der Vergangenheit, scheinen der Grund dafür zu sein, seit dem 18. Lebensjahr auf der Straße zu leben.

Stephan Renner, Pressesprecher der Stadt, weiß von dem Fall: „Das Sozialamt und das Ordnungsamt sind im Bilde und waren regelmäßig vor Ort. Aber wir können ihn natürlich nicht zwingen, unsere Hilfe anzunehmen. Wir können anbieten, dass er sofort Obdach bekommt, aber das war von ihm bisher nicht erwünscht.“

Ob es gesundheitliche Aspekte gibt, die eine Einweisung nötig machen könnten, muss beim Rhein-Kreis entschieden werden.

Kreis-Pressesprecher Benjamin Josephs äußert sich: „In Deutschland kann grundsätzlich kein Mensch gegen seinen freien Willen zu einer Zwangsunterbringung oder Untersuchung gezwungen werden. Für eine Ausnahme hiervon sind gewichtige Gründe erforderlich.“

Am Montag kam es wieder zu einem Einsatz, der junge Mann ließ sich zunächst überreden, mit ins Krankenhaus zu fahren. Für eine Dusche. Und eine Untersuchung.

Doch dort soll er nicht lange geblieben sein ...

Die Sorgen gehen weiter, denn das Schicksal lässt die Bürger nicht los: „Und die Probleme hat er ja immer noch.“

Julia Schäfer

(Kurier-Verlag)