Schützenfest im Umbruch? Das Fest soll familienfreundlicher werden
Neukirchen · Ein Schützenverein hat eine ganz große Aufgabe: Tradition verbinden mit der Gegenwart und dabei schon einen Blick in die Zukunft werfen. Dieser Herausforderung stellt sich auch der BSV Neukirchen. Schützenkönig Hubertus von Zehmen und dem neuen Vorstand ist es deshalb ein Anliegen, auch mal die Frauen zu Wort kommen zu lassen.
Ist Schützenfest wirklich ein Familienfest? In der Theorie ganz sicher, aber wer mal tiefer schaut, hinterfragt die Antwort vielleicht. Denn die Integration von Mädchen und Frauen spielt dann doch eine Rolle. Das vermisst auch Schützenkönigin Petra von Zehmen: „Einzig unsere Tochter (18) ist nicht so traurig, ob Schützenfest nun stattfindet oder nicht. Für sie ist alles nicht so schlimm. Vermutlich liegt es daran, dass sie in der Kindheit als Mädchen nur wenig am Schützenwesen beteiligt wurde, außer am Straßenrand die Parade mit zu verfolgen. Vielleicht ein Aspekt, über den einmal nach Corona nachgedacht werden kann.“
Denn während kleine Jungs in der Edelknaben- oder Tellschützen-Uniform schnell zum sichtbaren Teil des ganzen Festes werden, fehlt eben dieser Aspekt für Mädchen ganz. „Schade“, pflichten Tanja Edenhofner und Pia Arnolds-Abraham der Königin bei. Auch sie nehmen als „Zug-Frauen“ am Fest teil und würden sich wünschen, dass es für Mädchen und Frauen mehr Möglichkeiten gibt.
Dass solche Überlegungen immer behutsam und nur unter Einbeziehen aller Werte, die eine Schützengemeinschaft eben ausmachen, funktioniert, ist den Frauen klar: „Aber wir denken daran, dass Vereine auch mit der Zeit gehen müssen, um auch in Zukunft noch bestehen zu können!“ Mit der Meinung stehen die Damen nicht alleine, denn Unterstützung bekommen sie von oberster Stelle: Das Thema ist für Schützenkönig Hubertus von Zehmen und den neuen Vorstand rund um den Präsidenten Michael Abraham eine Herzensangelegenheit. Die Freizeit sei knapp und wird gerne mit der Familie verbracht. Für das Fest wird oft Urlaub genommen und doch sehe man Frau und Kinder kaum.
Und ganz so revolutionär sind die Ideen ja nun auch nicht. „Ich habe meinen Mann zum Beispiel beim Schützenfest in Frimmersdorf kennen gelernt, wo es eine Klompenkirmes gibt. An dem Tag gehen gemischte Gruppen, aber auch reine Frauen-Züge“, erklärt Pia Arnolds-Abraham. Würde so ein Veranstaltungstag auf den Montag gelegt werden, würden alle davon profitieren „Dann wäre ganz sicher auch montags mal wieder das Zelt voll“, so Edenhofner. Sie sieht genau jetzt den richtigen Moment, um zu hinterfragen, wie das Schützenfest noch beliebter wird: „Es fehlt einfach die Integration. Als kleines Mädchen ist es noch toll bei Papas Zug. Irgendwann wird man älter und verliert den Bezug. Dann geht man vielleicht noch samstags ins Zelt, aber das war es dann auch schon. Hätten junge Frauen ihre eigene Möglichkeit, das Fest mitzugestalten, sähe das sicher anders aus!“
Die Diskussion wurde in Neukirchen in der Art bisher noch nicht geführt. Dass der Anstoß, sie öffentlich zu führen, aus der Versammlung der Männer entstanden ist, zeigt die Wertschätzung, die den Frauen von den Schützen entgegengebracht wird. Wohin der Weg führen wird, wird wohl die Zeit zeigen. Die Neukirchener machen aber gerade ganz deutlich: Sie möchten diesen Weg gemeinsam beschreiten und Ideen und Lösungen finden, das Fest für alle attraktiver zu gestalten und dadurch gut gerüstet Richtung Zukunft zu starten.