Landrat bedankt sich bei Traditionshütern „Die Schützen beweisen ihren enormen Wert für unsere Gesellschaft!“
In diesen Wochen würden eigentlich die „großen“ Schützenfeste im Rhein-Kreis anstehen. Eigentlich, denn die Corona-Pandemie ist immer noch nicht gebannt. Das Virus ist immer noch präsent. Und gefährlich. Was bedeutet es für den Rhein-Kreis und für seine Menschen, wenn lieb gewordene Traditionen flach fallen? Wenn das Miteinander dem „Social Distancing“ weichen muss? Die Redaktion sprach mit Landrat Hans-Jürgen Petrauschke über Schützen und Traditionshüter, über Karneval und über die Erwartungen für 2021.
Neuss/Grevenbroich. Das Interview führte Gerhard Müller, stellvertretender Chef-Redakteur.
Keine Schützenfeste im Corona-Jahr. Was bedeutet das für die Menschen im Rhein-Kreis? Für die Schützen? Für das rheinische Sommerbrauchtum?
Das Schützenwesen ist ein wichtiges verbindendes Element unserer Gesellschaft und geht mit seinem vielfältigen sozialen Engagement weit über das reine Feiern hinaus. Leider können Schützenfeste in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Uns allen fehlen die „Tage der Wonne“ und der hier so geliebte Austausch mit vielen Freunden, die man teilweise auch nur an den Schützenfest-Tagen sieht und die aus aller Welt hierfür in die Heimat reisen.
Das Sommerbrauchtum lebt aber in diesem Jahr auf andere Weise. Vielerorts werden soziales Engagement und Zusammenhalt in den Fokus gerückt. Das finde ich bewundernswert und es spricht für die große Heimatliebe der Schützen.
Was können Sie den Schützen und Heimatfreunden denn Tröstendes mit auf den Weg geben?
Durch ihr vorbildliches Verhalten schützen die Schützen sich und insbesondere Ältere sowie Menschen mit Vorerkrankungen. Das ist vorbildlich und hierauf können alle stolz sein.
Wie sind Sie ganz persönlich von den ausfallenden Schützenfesten betroffen?
Ich bin selber gerne als Gast auf vielen Schützenfesten quer durch den ganzen Kreis unterwegs. Die Termine und persönlichen Begegnungen fehlen mir schon. Das wird in diesen Tagen noch einmal deutlich.
Werden wir – nach dem allgemeinen Verzicht in 2020 – im kommenden Jahr alle umso mehr (nach)feiern können? Oder wird 2021 auch noch von Einschränkungen geprägt sein? Wie sieht Ihre Perspektive aus?
Die Antwort auf die Frage der Perspektive im nächsten Jahr hängt ganz erheblich daran, wann ein Impfstoff zur Verfügung steht. Hier äußern sich Experten aber zuversichtlich, dass es bis zum Frühjahr gelingt, einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln.
Ich hoffe dass es dann möglich ist, im gewohnten Umfang unser Sommerbrauchtum zu pflegen – ich würde mich hierauf freuen.
Aber eine stärkere Beachtung von Hygieneregeln wird bleiben und bleiben müssen.
Wie sehen Sie in diesem Winter die Chancen für das „rheinische Winterbrauchtum“, den Karneval?
Volle Sitzungssäle kann ich mir bei der momentanen Infektionssituation nicht vorstellen. Welche Möglichkeiten es für den Straßenkarneval im Februar gibt, lässt sich noch schwer prognostizieren.
Auch das ist von der Entwicklung der Pandemie und eines Impfstoffes abhängig.
So kreativ wie ich unsere Karnevalisten kenne, bin ich mir aber sicher, dass sie wie auch die Schützen Wege finden, um den Karneval zu begehen. Das wird dann aber mit anderen Formaten und unter Gewährleistung des Infektionsschutzes passieren.
Denn der steht an erster Stelle und ich bin froh, dass dies auch die Karnevalsvereine im Kreis so sehen.
Was sollten die einzelnen Bürger-Schützen-Vereine und Bruderschaften, die einzelnen Orte tun, um trotz Corona „Tradition und Gemeinschaft“ zu bewahren? Und ist es nicht beeindruckend, wie viel Solidarität gerade auch in unserem Kreis in diesem Jahr an den Tag gelegt worden ist?
Da muss ich den Vereinen und den Bruderschaften gar keine Tipps geben, denn sie sind schon vielfältig aktiv und setzen sich für den Zusammenhalt und soziale Projekte ein.
In den einzelnen Orten wurden ganz unterschiedliche Wege gefunden, die alle individuell und gut dazu beitragen, das Sommerbrauchtum auch in diesem Jahr zu leben. Dabei helfen auch zunehmend digitale Möglichkeiten.
Die Schützen zeigen so einmal mehr, welchen enormen Wert sie für unsere Gesellschaft haben. Hierfür bin ich sehr dankbar.
Wie kann die Politik die Vereine vor Ort, aber auch die Schausteller, Zeltbetreiber und Veranstalter vor Ort unterstützen?
Betriebe und Mitarbeiter, die von der Veranstaltungsbranche leben, sind durch die Corona-Pandemie wirtschaftlich besonders stark betroffen. Es liegt an uns allen, hier zu unterstützen, wo es nur möglich ist.
Gut finde ich zum Beispiel Märkte von Schaustellern, durch die zumindest ein kleiner Teil des verlorenen Umsatzes aufgefangen werden kann. Klar ist aber auch, dass dies kein voller Ersatz sein kann.
Die großzügigen Hilfen von Bund und Land können das nicht ausgleichen. So schwer es ist: Viele der in diesen Branchen Tätigen müssen wohl – zumindest vorübergehend – andere Arbeits- und Erwerbsmöglichkeiten suchen.
Die effektivste Hilfe wird auch hier ein Impfstoff sein, der Veranstaltungen wieder ermöglicht. Auf Bundes- und Landesebene wurden unterschiedliche Unterstützungsprogramme zur Überbrückung aufgelegt.
Unsere Wirtschaftsförderung unterstützt hier bei der Beantragung von Mitteln, zudem haben die Kommunen in Teilen auch ihre Gebühren erlassen.
Wo wir können, unterstützen wir alle um die schwierige Zeit zu überstehen.
Gerhard Müller