Streit um Grundsteuer B: Letzte Rettung oder Unsinn?

Grevenbroich · „Die neue Mehrheit verteuert Leben in Grevenbroich! Zahlreiche Existenzen stehen ohnehin auf dem Spiel, weil der Lockdown viele in eine monatelange Zwangspause schickt und dringend benötigtes Einkommen ausbleibt. Dass diese großen Nöte jetzt durch kommunale Steuererhöhungen noch verschärft werden“, dagegen wettert Markus Schumacher, seines Zeichens Fraktions-Vorsitzender der FDP. Mit ihm schimpfen viele Bürger. Immerhin belastet die Grundsteuer B jeden. Und gerade auch die, die es gar nicht so dicke.

Kämmerin Monika Stirken-Hohman ist es  gelungen,  im Haushaltansatz  2021 fast fünf Millionen Euro einzusparen, dennoch verbleibt immer noch eine Deckungslücke von weiteren fünf Millionen Euro. Jetzt soll die Grundsteuer B steigen.

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Bei der Einbringung des Stadt-Etats für das laufende Jahr hatten Bürgermeister und Kämmerin die Katze aus dem Sack gelassen: Die Grundsteuer B soll von 500 auf 625 Prozent erhöht werden (Erft-Kurier berichtete). Das entspricht dann einem Zuschlag von 25 Prozent.

Damit habe „Bürgermeister Krützen seine Phantasielosigkeit in Bezug auf Einsparpotentiale im städtischen Haushalt erneut unter Beweis gestellt“, kommentiert Carl Windler, Chef der UWG-Fraktion, bissig.

Und weiter: „Dies geschieht freilich nach der gewonnen Kommunalwahl und sei gerade jetzt erst unabwendbar geworden - ein Schelm wer Böses dabei denkt.... Ein allseits gefürchteter Sparkommissar hätte nicht anders gehandelt!“

Windler weist zudem auf die enorme Bedeutung der Höhe von Grund- und Gewerbesteuer für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt hin. Es handele sich hierbei um Standortfaktoren, die maßgeblich seien für den Zuzug von Familien und Gewerbebetrieben.

Einzel-Ratsherr Dirk Heyartz konstatiert, dass Grevenbroich bei der Höhe der Grundsteuer B im Landesvergleich „im Mittelfeld dümpelt“. Und er schließt an, dass es nicht im Sinne von ,GGV - Grevenbroich Gemeinsam Verändern“ sei, „hier noch eine Schüppe drauf zu legen. Das ist der falsche Weg, gerade jetzt in der Corona-Krise.“

Zwar seien die internen Haushaltsberatungen der CDU noch im vollen Gange, dennoch ist sich Heike Troles sicher: „Wir werden diesen Weg nicht mitgehen. Damit löst man nicht das strukturelle Problem der Stadt Grevenbroich.“ Stattdessen seien die Christdemokraten dabei, „alle Positionen im Haushalt zu hinterfragen.“

Die Vertreter des neuen „Regierungsbündnisses“ sehen das natürlich anders. Martina Suermann-Igné („Mein Grevenbroich“) stellt zum Beispiel fest, „dass es keinem Politiker gefällt, die Belastungen für die Bürger zu erhöhen. Die Alternative wäre jedoch, den Sanierungsplan bis 2024 nicht zu erfüllen und das Heft des Handelns in die Hände eines Sparberaters zu legen.“ Im Gutachten der Gemeindeprüfungsanstalt von 2016 sei bereits die Rede von einem Grundsteuerhebesatz von 987 Prozent. Und sie fügt an, dass die „schmerzliche Erhöhung der Grundsteuer B im Übrigen alle, auch die örtlichen Politiker, Verwaltungsmitarbeiter und den Bürgermeister trifft.“

„Ohne Steueranpassung könnte der Landrat des Rhein-Kreis unseren Haushalt nicht genehmigen“, macht Daniel Rinkert (SPD) die Unausweichlichkeit der Erhöhung deutlich. Und dann rechnet er um: „Für Besitzer eines Einfamilienhauses reden wir von einer durchschnittlichen Mehrbelastung von 20 Euro pro Monat. Für eine kleine Eigentumswohnung werden rund drei, für ein durchschnittlich großes Reihenhaus rund 8,50 und für den Mieter einer Wohnung von 90 Quadratmeter rund 5,50 Euro im Monat zusätzlich aufzubringen sein.“

Dass die jetzt angedachten 625 Prozent nicht das Ende der Fahnenstange sind, macht Peter Gehrmann von den „Grünen“ deutlich: „Die jetzt unvermeidliche Erhöhung der Grundsteuer B um 125 Punkte sollte ein Weckruf auch an die Politik sein. Bei Fortschreibung des Leistungsumfanges müsste für die Erreichung des Sanierungszieles eine weitere Grundsteuer-B-Erhöhung im Jahr 2023 um 125 Punkte erfolgen. Beginnend noch in diesem Haushaltsjahr müssen alle Standards, Leistungen und Verträge auf Einsparmöglichkeiten abgeklopft werden.