Immer mehr Künstlergruppen nutzen die Leerstände in der Innenstadt Kritik an Kultur-Politikern: Kein Interesse an der Kunst?

Grevenbroich · Grevenbroich hat eine Vielzahl an Kunstschaffenden, die sich schon vor Jahren in Arbeitsgemeinschaften zusammengeschlossen haben. Die älteste davon ist die Produzentengalerie „Judith Dielämmer“. Im nächsten Jahr feiert die ihr 25-jähriges Bestehen.

Im Foto von links nach rechts: Gereon Riedel, Bouchra Selent, Kai Stefes (Mitglieder von „E 1“), Regine Gunther (Mitglied „E 1“ und „Art’istas“), Ursula Schachschneider, Sylvia Moritz, Ursula Gabler (Ateliergemeinschaft „Art`istas“), Janne Gronen, Dieter Stürmann, Werner Franzen (Produzentengalerie „Judith Dielämmer“).

Im Foto von links nach rechts: Gereon Riedel, Bouchra Selent, Kai Stefes (Mitglieder von „E 1“), Regine Gunther (Mitglied „E 1“ und „Art’istas“), Ursula Schachschneider, Sylvia Moritz, Ursula Gabler (Ateliergemeinschaft „Art`istas“), Janne Gronen, Dieter Stürmann, Werner Franzen (Produzentengalerie „Judith Dielämmer“).

Foto: KV./DR.

Der Unterschied zu den anderen Ateliergemeinschaften ist, dass die ihr angeschlossenen Künstler zwar zu Hause arbeiten, aber gemeinsam ausstellen. Die Ateliergemeinschaft „E 1“ besteht seit 13 Jahren und die Künstlerinnen von „Art‘istas“ arbeiten seit zehn Jahren zusammen.

Bekannt dürften die Künstler leider nur einem an Kunst interessierten Publikum sein. Das könnte sich in Zukunft ändern, denn dann sind alle drei Gemeinschaften direkt in der Innenstadt vertreten.

Zufällig wurden den Gruppen „E 1“ und „Art’istas“ im gleichen Zeitraum die Atelierräume in Neurath und am „Hammerwerk“ (wegen einer anderen Nutzung) gekündigt. So machten sich die Künstler auf die Suche nach geeigneten Räumen.

Da kam ihnen der Leerstand in der Innenstadt zugute. „Dielämmer“ ist schon im Oktober vom alten Poser-Haus am Marktplatz in die Räume der ehemaligen Commerzbank an der Karl-Oberbach-Straße umgezogen. „Da haben wir großes Glück gehabt“, erzählt Werner Franzen. „Landtags-Abgeordnete Heike Troles hat uns eine Partnerschaft mit dem Verein ,Frauen helfen Frauen’ vermittelt. Wir können diese Räume jetzt gemeinsam nutzen und die Kosten teilen.“

Sie seien sehr zufrieden mit dem Arrangement, denn die Räume seien warm, pflegeleicht und gemütlich.

Werner Franzen machte Gereon Riedel von „E 1“ auf das leer stehende Haus am Markt aufmerksam. Die Gruppe wurde sich mit dem Besitzer einig und hofft, bis September den Umzug bewältigt zu haben. Allerdings ist das auch nur eine Lösung auf Zeit, denn irgendwann soll das Haus abgerissen werden und ein Neubau entstehen. Bis dahin darf das Haus genutzt werden. „So einen Verfall wie die bei der ehemaligen Kneipe ,Zille’ soll es in der Stadtmitte nicht mehr geben“, erklärt Kai Stefes die Motivation des Besitzers.

Auch die Räume des früheren Geschäftes von Mathias Istas an der Kölner Straße stehen schon länger leer. Thomas Wiedenhöfer sollte sich um eine Neubelegung kümmern.

Da er einige der Künstlerinnen, die ihr Atelier am „Hammerwerk“ aufgeben müssen, kannte, schlug er ihnen die Räumlichkeiten in der Innenstadt vor. Mathias Istas besuchte die Damen an ihrem derzeitigen Arbeitsplatz und prüfte, ob sich sein ehemaliges Geschäft als Atelier eignet. Das Ergebnis war positiv und wenn nun endlich alle Formalien mit der Stadt geklärt sind, hofft auch diese Gemeinschaft darauf, im September umzuziehen.

Den Namen „Art’istas“ haben sie sich extra für ihre neuen Räumlichkeiten einfallen lassen.

Ulrike Oberbach, stellvertretende Vorsitzende des Kultur-Ausschusses, ist sehr angetan von der Neubelebung der Innenstadt: „Die Innenstädte werden sich verändern. Es gibt keine reinen Einkaufsstädte mehr. Kunst und Erlebnis gehören zu einem Stadtbummel dazu.“

Hierzu wollen die Künstler einiges beitragen, zum Beispiel an Stadtfesten mit eigenen Aktionen teilnehmen. Es gibt auch Überlegungen, die Ateliers zeitweise zu öffnen, eventuell Kurse anzubieten. „Wir wollen niederschwellige Angebote machen, um den Leuten den Zugang zur eigenen Kreativität zu erleichtern“, erklärt Regine Günther. „Wir leisten ehrenamtliche Kulturarbeit“, fügt Dieter Stürmann hinzu.

Damit sind die Künstler bei einem Thema, dass sie eher negativ bewegt. Die Wertschätzung von Kunst und Kultur sei in Grevenbroich leider nicht sehr hoch, ist ihre einhellige Meinung. Sie fühlten sich zwar von Ulrike Oberbach sehr unterstützt, aber das könne man nicht von allen Mitgliedern des Kultur-Ausschusses sagen.

Bei kulturellen Anlässen sei kaum jemand vom Kultur-Ausschuss anwesend. Auch aus dem Rathaus wäre mehr Anerkennung schön. Kai Stefes fasst es so zusammen: „Im jetzigen Strukturwandel hier im Revier sind Kunst und Kultur ein weicher Standortfaktor, der nicht unterschätzt werden sollte.“