Grüne Fachhochschule als Keimzelle fürs neue Revier
Grevenbroich · Politiker sollen Antworten geben. Damit sie aber Antworten geben können, brauchen sie Visionen. Seine Vision von einem „Rheinischen Revier“ in der Nach-Braunkohle-Zeit stellte Hans-Christian Markert, „bunter“ Landrats-Kandidat, im „Alten Schloss“ vor.
Markert sprach vor zwei Dutzend Zuhörern. Darunter sechs Vertreter von SPD und Gewerkschaften, vier Funktionäre der Grevenbroicher Grünen sowie das dreiköpfige Team des Referenten. Da fällt einem wieder das alte Wort von Rats-Fraktions-Chef Dirk Gawlinski ein: „In Grevenbroich kann man nun mal keine Wahlen gegen das RWE gewinnen.“
Aber das will „HC“ (so wird Markert in Partei-Kreisen genannt) auch gar nicht. Als grüner Jurist müsse er sagen, dass man sich an
geschlossene Verträge
halten müsse. Somit sei 2045
die Ziellinie für die rheinische Braunkohleverstromung. „So ist das festgelegt worden“, betonte Markert.
Sicherlich könne zwischendurch das ein oder andere Kraftwerk stillgelegt werden. In Absprache allerdings, so der „bunte“ Kandidat. Und: „Jede Energie-Erzeugung ist ein Eingriff in die Umwelt. Mit dem Stand der Technik sollte sie aber so modern wie möglich sein.“ Als Beispiel nennt er die 130 Kilogramm Quecksilber, die in den hiesigen Kraftwerken Jahr für Jahr in die Luft gepustet werden: Es gebe Technik, in Nordrhein-Westfalen entwickelt, die in den USA auch schon zum Einsatz komme, die das Quecksilber aus den Dampfwolken heraushole, die vom RWE aber nicht eingesetzt werde.
Doch zu Markerts Visionen: Um auch in kommenden Generationen jungen Leuten im Rhein-Kreis eine Heimat geben zu können, brauche es neue Angebote in Bildung und Ausbildung. Zwar weise der Rhein-Kreis eine überdurchschnittliche Quote an Abiturienten vor; dennoch werde hier weniger als ein Viertel der landesüblichen Studenten-Quote gemessen.
Das könne anders werden, wenn man eine
Fachhochschule
ins Revier hole. „Ich weiß, dass die Fachhochschulen in Mönchengladbach und Düsseldorf aus allen Nähten platzen“, so „HC“. Sie bräuchten einen dritten Standort. Und der könnte zum Beispiel Grevenbroich werden. „Die Bildungswertschöpfung soll hier vor Ort stattfinden“, so seine Forderung. Aus seiner Arbeit an der Spitze der Chemie-Enquete-Kommission des Landtages weiß Hans Christian Markert, dass „moderne, neue Lehrstühle“ in Planung seien. Wer zuerst „hier“ schreit, der habe gute Chancen zum Zuge zu kommen. In einer
grünen Fachhochschule
soll sich der eine Lehrstuhl mit der „stofflichen Nutzung der Braunkohle“, der andere mit der „stofflichen Nutzung der Abfälle“ (Kunststoffe und Bio) befassen.
In Folge der Fachhochschule hofft Markert dann auch auf die Ansiedlung von innovativen Unternehmen: Eine Pilotanlage für Braunkohle-Verflüssigung ließe sich mit EU-Mittel finanzieren. Die Möglichkeit, Synthesegas aus Braunkohle und Bio-Abfällen herzustellen, sei ein weiterer Ansatz. Und das Unter-Druck-Verkochen von Abfällen zur Hydrokohle (unter anderem zum Gewinnen von Aktivkohle) sei auch denkbares Thema für die „grüne Fachhochschule“.
Übrigens: Wenn Grevenbroich „hier“ schreien wollte, könnte man der Fachhochschule für die Gründungsphase gleich die frei werdenden Räumlichkeiten der Realschule an der Bergheimer Straße anbieten, bevor später der Neubau auf dem Frimmersdorfer Kraftwerksgelände bezogen wird ...