Mit Handicap in die Kreisverwaltung Mit „Ello“ wieder zurück ins Arbeitsleben

Grevenbroich · Als bei Corinna Dillmann 2019 ganz plötzlich eine Lähmung unterhalb der Hüfte abwärts eintrat, brach ihre Welt zusammen. „Ich hatte gerade ein Jahr zuvor meine Ausbildung im gehobenen Dienst beim Rhein-Kreis begonnen. Und Sport – unter anderem Leistungssport im Bereich Reiten – war mir sehr wichtig“, berichtet sie.

Schwerbehindertenvertreter Klaus Nowak und Corinna Dillmann (mit „Ello“) vor dem Kreishaus Grevenbroich.

Foto: RKN.

„Durch die Krankheit war ich monatelang ans Bett gefesselt, und zunächst war nicht daran zu denken, weiter zu studieren und zu arbeiten.“ Heute hat sie nur noch das Kolloquium vor sich, bis sie in Kürze ihre „Bachelor of Laws“-Urkunde in den Händen hält. „Ich bin unendlich froh, dass ich nun die Ausbildung nach einer längeren Pause abschließen kann und ab jetzt in der Kämmerei eingesetzt bin“, sagt sie.

Corinna Dillmann ist eine von über 100 Mitarbeitern des Rhein-Kreises mit Schwerbehinderung. Mit einer Schwerbehinderten-Quote von 10,6 Prozent liegt die Kreisverwaltung deutlich über der gesetzlichen Vorgabe von fünf Prozent.

Klaus Nowak, Vorsitzender der Schwerbehindertenvertretung, betont, dass er zufrieden mit diesen Zahlen ist. „Natürlich ist immer noch Luft nach oben“, sagt er, „doch wir haben eine verhältnismäßig hohe Quote, insbesondere angesichts der Tatsache, dass derzeit viele schwerbehinderte Mitarbeiter alters- oder krankheitsbedingt aus dem Dienst ausscheiden.“

Klaus Nowak, der 1986 von der Kreis-Polizei zur Kreisverwaltung kam, spricht offen über seine eigene Behinderung: „Als bei mir zum ersten Mal Epilepsie auftrat, konnte ich meinen Beruf als Polizeibeamter nicht mehr ausüben und bin zur Polizeiverwaltung des Rhein-Kreises gewechselt.“ Heute ist er als gewählter Schwerbehindertenvertreter Ansprechpartner für alle Mitarbeiter mit Handicap. Zusammen mit seinem Team sorgt er unter anderem dafür, dass Arbeitsplätze bei Bedarf behindertengerecht eingerichtet werden und vermittelt bei Problemen.

Für Corinna Dillmann war nach Eintritt ihrer Krankheit zunächst die größte Hürde, die Ausbildung wieder aufzunehmen. „Ich wurde großartig von meinen Vorgesetzten und von den Kollegen unterstützt. Ohne sie hätte ich den Wiedereinstieg nicht geschafft“, ist sie sich sicher.

Die 26-Jährige ist nicht nur auf einen Rollstuhl angewiesen, sondern auch auf ihren Assistenzhund „Ello“. Der Labrador hilft ihr dabei, trotz regelmäßiger dissoziativer Störungen aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) durch den Alltag zu kommen. „Ein Hund im Büro wurde anfangs nicht von allen willkommen geheißen“, berichtet sie, „doch ,Ello‘ wurde schnell akzeptiert, weil alle wissen, dass ich meine Arbeit ohne ihn nicht erledigen könnte.“

Die positiven Erfahrungen mit ihrem Assistenzhund fließen in ihre Bachelorarbeit ein über die „Akzeptanz und Integration von Assistenzhunden in Deutschland“ mit konkreten Handlungsempfehlungen für Recht und Gesellschaft. Nachdem Corinna Dillmann früher in ihrer Heimat beim Landesamt für Finanzen in Koblenz tätig war, liegt ihr auch die Arbeit in der Kämmerei, die sie bereits während der Ausbildung beim Rhein-Kreis kennenlernte. In ihrem Team, berichtet sie, stoße sie auf großes Verständnis für ihre Situation. Homeoffice sei an einzelnen Tagen möglich, doch ideal für sie wäre noch mehr Flexibilität beim Wechsel zwischen Büro- und Homeoffice-Zeiten.

Klaus Nowak stellt fest, dass es immer wieder Handlungsbedarf gibt, um Kollegen mit Handicap zu unterstützen „Wichtig sind zum einen praktische Dinge wie höhenverstellbare Tische und Stühle, zum anderen aber geht es vor allem darum, akzeptiert zu werden.“

Vor allem wünscht er sich noch viel mehr Bewerbungen von Menschen mit Handicap. „Die Einstellungschancen im öffentlichen Dienst sind ausgezeichnet“, macht er Mut zur Bewerbung.

(-ekG.)