Die Kandidaten im Gespäch: Bijan Dijr-Sarai zu Gast im Pressehaus Digitalisierung und mehr: "FDP ist die modernste Partei von allen"

Grevenbroich · "Christian Lindner ist cool, kompetent, sympathisch mit einer gewissen arroganten Attitüde", grinst Bijan Djir-Sarai, Bundestagskandidat der FDP. Ist das etwa der neue Lindner-Effekt? "Ohne Christian Lindner wäre die FDP jetzt nicht da, wo sie steht" sagt er und schiebt später nach: "Wir werden alles tun, damit wir nicht das erleben, was wir 2009 erlebt haben.

FDP-Bundestagskandidat Bijan Dijr-Sarai (Listenplatz 6) im Gespräch mit der Redaktion, hier links vertreten durch Gerhard Müller.

Foto: Fotos: Thomas Broich

Auf uns schaut man jetzt anders. Wir sind quasi eine neue Partei. Es geht für uns um alles."

"Je mehr aus der Region in Berlin sitzen, desto mehr profitiert die Region davon", weiß Djir-Sarai. Dass es sich dabei aber nicht jeden Tag um Grevenbroich drehen werde sei klar, macht er mit einem Augenzwinkern deutlich. Denn bei seiner ersten Wahlperiode saß er unter anderem im Petitions-Ausschuss.

Der Rhein-Kreis sei stark und habe viel Potenzial. "Wir müssen beispielsweise das Thema Braunkohle anpacken und was danach passiert", so der Bundestagskandidat für die FDP, "weitere Themen sind die Wirtschaftsförderung, Digitalisierung, Krankenhäuser, Wohnungsbau und die interkommunale Zusammenarbeit."

Kooperation sei dabei das Gebot der Stunde. "Die Zeiten, wo ein Bürgermeister sagt ,das ist mein Plan, den zieh ich durch', sind wegen finanzieller Mittel und knapper Ressourcen eher selten geworden", meint er.

Kooperation wäre auch im Bereich "Krankenhaus" möglich. "Das Ziel ist eine sehr gute medizinische Qualität in der Region zu erreichen", erklärt er die Überlegungen hinsichtlich des Krankenhauses in Grevenbroich, "eine mögliche Fusion mit dem Lukas-Krankenhaus in Neuss ist beispielsweise denkbar. Mit dem Blick auf die Zukunft, können wir hier gemeinsam etwas erreichen."

Und auch zum Thema "Wohnungsbau" hat Bijan Djir-Sarai klare Vorstellungen: "Wir brauchen eine Wohnungsgesellschaft für den Rhein-Kreis. Das wird auch von den Bürgermeistern bejaht und trotzdem wird dies nicht zustande kommen." Da gehe es um Vorrangstellung, lokalpolitische Positionierungen und mehr.

Dass der Rhein-Kreis jedoch einer der wenigen Regionen sei, die noch wachsen würden, mache eine Landesstatistik deutlich. "Wir sind sowohl als Kreis und auch mit der Lage top aufgestellt", so Djir-Sarai.

Doch das sind nur die Themen, die regional angepackt werden können. Sicherheit, Digitalisierung und Europa sind die Zielsetzungen der FDP. ",Sicherheit' ist ein wesentliches und zentrales Thema. Das wird aber auch in Deutschland erwartet. Alle Parteien nehmen dieses Thema ernst", so der FDP-Kandidat. "Und ja, ich bin für ein starkes Europa, aber auch für ein Europa, das sich auf seine wesentlichen Aufgaben konzentriert und nicht nur die Größe von Gurken diskutiert."

So sei auch die Zuwandererpolitik ein großes Thema. "Wir müssen nach einer europäischen Lösung suchen und gemeinsam die Grenzen schützen", sagt er, "wenn man die Bilder vor der Küste Italiens sieht, ist das eine europäische Aufgabe."

Und der liberale Kandidat fügt an: "Das, was 2015 passiert ist, darf nicht wiederholt werden. Denn, dass es nie wieder eine Flüchtlingswelle geben wird, ist utopisch. Afrika ist nicht weit weg, sondern direkt vor der Haustüre Europas." Die Zielsetzung der FDP zum Thema Digitalisierung aber sei genau das, womit sich die FDP unter Christian Lindner am meisten identifiziert.

Dies begründet Bijan Djir-Sarai unter anderem damit, dass Digitalisierung für die FDP das sei, was die Umweltpolitik für die Grünen gewesen ist. "Es gibt keine andere Partei, die das so engagiert und weitsichtig macht wie wir", ist er überzeugt.

Und er betont, dass Christian Lindner ein großer Stratege sei. Denn Inhalte gerade auch im Instagram- und "facebook"- Zeitalter zu vermitteln sei wichtig.

Und was noch wichtig ist, hat die FDP aus der Niederlage vor vier Jahren gelernt. "Wir haben unsere Strukturen geändert. Damit ist die FDP die modernste Partei von allen. Inhaltlich wäre der Begriff ,modern' als Wertung zu sehen", sagt er allerdings.

Auf die Frage, auf welche Regierungskoalition es hinauslaufe, gab er an: "Unser Ziel ist es, in den Bundestag zu kommen. Schließlich waren wir vier Jahre nicht dabei. Ich denke aber, es läuft auf eine große Koalition hinaus."

Merkel oder Schulz. Wen von beiden er dabei sympathischer finde, könne er nicht beantworten. "Das gibt es in dieser Form in der Politik nicht", antwortet er politisch, "beide Kandidaten haben Stärken und Schwächen."

Wie es für die FDP ausgehen wird, wird sich dann am 24. September bei der Bundestagswahl zeigen.

"Wenn ich in den Bundestag einziehe, würde ich mich sehr freuen. Feiern werde ich aber nicht, weil ich weiß, was als nächstes auf mich zukommen wird", so der FDP-Kandidat. Er weiß aus seiner ersten Wahlperiode im Deutschen Bundestag, dass die Aufgabe nicht "Friede, Freude, Eierkuchen" bedeutet. "Was das für eine Mammutaufgabe ist, wissen viele gar nicht", so Djir-Sarai, "der Start in Berlin ist sehr schwer. Wir haben dann noch nichts. Keinen Tisch im Büro und auch keinen Computer."

Und auf das Namensschild vor der Türe muss er vermutlich dann auch was länger warten. Schließlich hing da vier Jahre lang einer anderer Name an der Wand.

Alina Gries

und Gerhard Müller

(Kurier-Verlag)