Der Kandidat der FDP „Da ist noch alles möglich. Wenn wir Pech haben auch Alptraum-Konstellationen.“
Grevenbroich/Neuss · Er ist ein Liberaler durch und durch: Bijan Djir-Sarai lehnt Steuererhöhungen ab, weil der Staat eh eher ineffizient mit seinen Mitteln umgehe. Für ihn können alle großen Projekte (vom Strukturwandel bis zum Klimaschutz) nur gelingen, wenn man es schaffe, die Bürger dabei mitzunehmen. Er lehnt aber auch Impfpflicht (wenn auch nur in speziellen Berufen) ab, weil das die Gesetze der Bundesrepublik nicht hergeben würden.
Bijan Djir-Sarai will auch in der nächsten Wahlperiode wieder dem deutschen Bundestag angehören. Und seine Aussichten sind gut: Er steht auf Platz sechs der Landesliste der FDP. Was bedeutet: Wenn die freien Demokraten fünf Prozent der Stimmen holen, kann er seinen Stuhl in Berlin behalten.
Dabei war ihm im Interview mit dem Kurier-Verlag anzumerken, dass er sich in außen- und sicherheitspolitischen Fragen auf sicherem Terrain fühlt („Die USA und China befinden sich in einem Konflikt, in einem scharfen Konflikt. Aber dennoch sind sie wirtschaftlich von einander abhängig. Deshalb müssen sie Wege finden, miteinander klar zu kommen.“).
Wenn es dann aber um die Pandemie und deren Folgen geht, formuliert er deutlich vorsichtiger. Allerdings konstatiert er, dass die Auswirkungen von COVID „auf die Wirtschaft, die Gesellschaft, auf die Seele der Menschen und gerade auf die Kinder“ das beherrschende Thema der kommenden Jahre sei. Gerade Volkswirtschaften, die eh nicht sonderlich stabil gewesen seien, werden schwer zu kämpfen haben, ist sich Djir-Sarai sehr sicher.
Aber auch die Bundesrepublik müsse mit Problemen rechnen. Allerdings merkte der FDP-Politiker an: „Der Staat hat genug Geld. Es ist falsch, dass man die Probleme der nächsten Jahre durch Steuererhöhungen lösen kann. Vielmehr müssen wir die Bürger entlasten und die Steuern senken. Das ist weitaus sinnvoller für die wirtschaftliche Gesamtentwicklung. Vor allem weil der Staat dazu neigt, mit Geld ineffizient umzugehen.“
Übrigens brauche Deutschland auf diesem Weg in die nächsten Jahre ein starkes Europa, das auch beim Konflikt zwischen den USA und China mit am Tisch sitze. Der FDP-Kandidat wörtlich: „Es wäre gut, wenn Europa außen- und sicherheitspolitisch mit einer Stimme spreche. Ich brauche kein Europa, das sich in die kleinsten Dinge des Lebens einmischt. Und ich brauche kein Bürokratiemonster.“
Übrigens geht er in diesem Zusammenhang mit Ursula von der Leyen (Präsidentin der Europäischen Kommission) hart ins Gericht: „Europa braucht Visionen, muss authentisch und transparent sein. Sie wirkt auf mich kleinkariert und zu bürokratisch.“
Positiv spricht Djir-Sarai von CDU-Kanzler-Kandidat Armin Laschet, dessen schwarz-gelbe Regierung in Nordrhein-Westfalen eine gute Arbeit leiste. Und in Sachen Annalena Baerbock, Spitzenkandidatin der „Grünen“, interessiere ihn nicht, was sie wo von wem abgeschrieben habe. Vielmehr gehe es um die Hauptthemen und den zwischen den Parteien unterschiedlichen Lösungsansätzen dazu.
Im Klimaschutz zum Beispiel: Entscheidend sei die Frage, welche Belastungen da auf jeden einzelnen Bürger zukommen. „Es geht nicht um das teure Tanken. Ich komme aus Grevenbroich und weiß, was es für die Menschen bedeutet, wenn man Klimaschutz nicht nachhaltig betreibt. Man muss die Menschen mitnehmen. Innovation und technische Modernisierung sind wichtiger als immer wieder neue Verbote und Sondersteuern.“
Klimaschutz sei Menschheitsaufgabe, dürfe aber nie radikal erfolgen. Und Bijan Djir-Sarai schiebt nach: „Wir glauben, wir könnten hier in Deutschland das Klima retten. Das ist aber falsch. Ohne China, ohne Brasilien, ohne die USA geht das nicht.“
Aber gerade in Brasilien und Indien liege ein entscheidendes Problem: „Warum sollten die anderen uns folgen?“, fragt der FDP-Politiker, „die sagen, sie haben doch auch ein Recht auf Wohlstand.“
Die jetzt anstehende Bundestagswahl ist für Djir-Sarai die spannendste seit Jahren: Nicht nur, weil die Ära Merkel (und „ihr so weiter Modus“) zu Ende gehe, sondern weil ganz offensichtlich alle drei Kanzler-Kandidaten keine besondere Mehrheit in der Bevölkerung finden würden. Somit könnten sich gar „Alptraum-Konstellationen“ ergeben. Ihm wäre eine schwarz-gelbe Bundesregierung am liebsten, aber auch eine „Jamaika-Koalition“ wäre für ihn ok.
Für ihn ist zudem ganz klar: „Wir Liberalen wollen regieren. Ziele kann man nur umsetzen, wenn man Teil der Gestaltungsebene ist“, deklamiert der heimische FDP-Bundestags-Abgeordnete, der dies auch in den kommenden Jahren bleiben möchte.