Gott lässt mich emotional nicht verhungern

Langwaden · Um 5 Uhr aufstehen und im Anschluss zur gemeinsamen Gebetszeitantreten. Danach bei einer persönlichen stillen Zeit einen Abschnitt aus der Bibel lesen. Dann wird gefrühstückt, die heilige Messe besucht und gearbeitet.

Foto: Alina Gries

Es wird der Garten gepflegt oder Schreibarbeiten werden erledigt. Dann wird studiert, bis um 12.10 Uhr das Mittagsgebet stattfindet. Anschließend wird gemeinsam zu Mittag gegessen, ehe eine Zeit der
Ruhe folgt. Nach der Ruhezeit wird wieder gearbeitet bis zur geistlichen Lesung.

Während dieser Lesung werden Texte geistlicher Schriftsteller verinnerlicht. Schließlich gibt es danach die Möglichkeit zum Spielen
eines Instrumentes. Bevor anschließend zu Abend gegessen, wird gebetet. Nach dem Abendbrot findet sich die Gemeinschaft zu einer Rekreation zusammen, ehe mit dem Komplet und dem Vigil die letzte Gebetszeit
anschlägt und schon in den nächsten Tag einleitet. Das ist der Alltag von Pater Gregor oder auch Ulrich Winter — einem Ordenspriester aus dem Kloster Langwaden. "Ich verspürte eine mitgehende, schwer zu benennende Unzufriedenheit", erzählt Pater Gregor, "es war unscharf
und noch nicht ganz klar. Ich wusste nicht was es war. Ich wollte nie hierher, habe mich aber offenbar innerlich zu diesem Ort hingezogen
gefühlt."

Foto: Alina Gries

Seit zwei Jahren ist der Ordenspriester nun schon im Kloster Langwaden.
"Jetzt hat sich diese Unzufriedenheit aufgelöst. Die Spur ist klar", meint er.
Ulrich Winter ist in Erfurt aufgewachsen und schloss nach seinem Abitur seine Ausbildung zum Tischler und Orgelbauer ab. Dabei ist er in einem ganz normalen katholisch sozialen Umfeld aufgewachsen, bei der die
Gemeinschaft der Kirche dazu gehörte. Dass Winter sich zu Gott, dem Glauben und der Religion hingezogen fühlte, merkte er zunehmend
mehr. So trat er schließlich in "Gott lässt mich emotional nicht verhungern”
die Dienste des Pfarrers ein. "Ich wurde einmal gefragt, was ich wirklich wollen würde", erzählt Pater Gregor, "dann ist mir bewusst geworden,
was ich nicht will — die Arbeit in der Pfarrgemeinde. Es war einfach nicht der passende Platz für mich."

Jetzt gilt er als der jüngste Ordenspriester — zumindest wenn man nach dem Eintrittsalter geht. Lediglich fünf Jahren trennen ihn vom jüngsten Pater im Sinne des biologischen Alters. "Der älteste Ordenspriester bei uns
ist Pater Basilius, früher einmal Wolfgang Ullmann", sagt der 50-Jährige, "er ist gelernter Verlagskaufmann aus Leverkusen und 73 Jahre alt."
Wenn man sich für ein Leben im Kloster entscheidet, entscheidet man sich auch für ein Leben mit Gott. "Gott lässt einen emotional nicht verhungern", erklärt der 50-Jährige - damit meint er sein Mönchsversprechen nicht zu heiraten. "Es ist nachvollziehbar, dass man als Mann Frauen attraktiv
findet und auf der einen Seite fehlt es mir dann schon eine eigene Familie zu haben — aber es hat auch viele Kehrseiten", so Pater Gregor.

Kehrseiten sind auch zum Beispiel die schrecklichen Nachrichten, die uns beinahe täglich konfrontieren: Krieg, Armut, Naturkatastrophe, Zwangsarbeit. Es gibt so viel Unheil auf der Welt, dass es manchmal doch eher schwierig ist an Gott zu glauben. Warum lässt er das zu und warum greift er nicht ein? "Wenn Gott uns nicht frei erschaffen hätten, wären wir Marionetten", erklärt Pater Gregor, "er hat uns die Wahl
gelassen, ob wir gut oder böse sein möchten. Ich kann Gott nicht für die Fehlentscheidungen der Menschen verantwortlich machen, denn er hat uns die Freiheit gegeben, wie wir entscheiden."

Er glaubt auch daran, dass Gott keinen Einfluss auf die Naturkatastrophen hat. "Wir Menschen sind dafür verantwortlich", behauptet er, "nehmen wir als Beispiel den Tagebau in Garzweiler. Es ist etwas, was in einer
Millionen Jahre gewachsen ist und innerhalb von 50 Jahren weggebaggert
und verbrannt wird." Und auch im Hinblick auf Haiti verliere er nicht den
Glauben an Gott. "Ich kann zwar nicht direkt helfen, aber ich trage Haiti mit in meinem Gebet", so Pater Gregor, "wenn ich es im Gebet erwähne,
verändere ich die Welt trotzdem. Es geht mir nahe, wie es den Menschen geht." Und sogar die Priester vor Ort sind überzeugt, dass Gott mit den Verwüstungen nichts zu tun hat. "Ein Priester in Haiti hat mir geschrieben, dass Gott das Volk liebt und wir ihn nicht anklagen dürfen. Sie sind
nicht allein und dadurch gibt Gott uns Hoffnung und Kraft", erzählt der 50-Jährige.

Und nicht nur für die Opfer einer Naturkatstrophe betet er, sondern auch für die, die sich für das Böse entschieden haben. "Ich bete, dass die Verblendung aufhört", sagt er, "jeder Mensch ist für Gott berufen, wir müssen sie nur wieder auf die richtige Spur bringen." Auf die Frage hin, was er den Menschen rät, die den Glauben zu Gott verloren haben sagt er, dass Gott warte und ihnen den Weg zeigen werde.