Kurden-Konflikt erreicht den Kreis: Spielabbruch nach militärischem Gruß
Grevenbroich · Rassistische Fangesänge, niveaulose Beleidigungen und als Krönung ein militärischer Salutgruß nach dem Vorbild türkischer Nationalspieler. Vor allem Letzteres soll am Wochenende schließlich zum Abbruch des Fußballspiels zwischen dem KSV „Mesopotamia“ und „Anadolu 98 - SG Erfttal I“ gesorgt haben.
Etwas, was beiden Vereinen bundesweite Aufmerksamkeit eingebracht hat. Immerhin wird um den „türkischen Salut“ derzeit auch in internationalen Fußball-Kreisen sehr heftig gestritten. Die Polizei musste den Sportplatz räumen. Jetzt müssen sich beide Mannschaften vor dem Sportgericht des Fußballverbandes Niederrhein verantworten.
Unmittelbar nach dem Spiel äußerten sich beide Mannschaften zu den Ereignissen. Doch die Verantwortung einer solch dramatischen Auseinandersetzung will keine der beiden Mannschaften übernehmen. „Beide Zuschauerseiten haben sich vor allem in der zweiten Halbzeit gegenseitig provoziert, vergleichbar mit einer Derby-Stimmung. Nachdem das Spielergebnis schon klar war, hat sich ,Mesopotamia’ zurückgezogen“, lautet die Stellungnahme von „Anadolu“. Die Fanseite des KSV „Mesopotamia“ habe unwürdige Rufe von sich gegeben, erst dann hätten ihre Fans ebenfalls provoziert.
„Mesopotamia“ hätte eine Mannschafts-Zurückziehung nur noch als Möglichkeit gesehen, die „Niederlage als Profit darzustellen“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Dass ein umstrittener militärischer Gruß Grund zum Abbruch war, dazu äußert sich der Neusser Verein nicht.
Und auch Heinz Hübinger, Geschäftsführer des Neusser Vereins SG Erfttal, gab bis Redaktionsschluss keine Rückmeldung. Wählte man stattdessen die auf der Internetseite veröffentliche Telefonnummer an, erhielt man einen Hinweis darüber, dass der gewünschte Gesprächspartner derzeit keine Gespräche annehmen möchte und man Verständnis haben solle.
Erst vor kurzem hatte sich der KSV „Mesopotamia“ in Grevenbroich gegründet (der Erft-Kurier berichtete) und trotz anfänglicher Startschwierigkeiten den Weg in die Kreisliga C gefunden. Dass die Kurden-Mannschaft nun Diskriminierungen ausgesetzt war, stößt auf Unmut.
„Leider kam es bei dem Spiel zu vielen rassistischen Sprechchören von Fanseite der Gegner. Dies wurde leider damit gekrönt, dass die Mannschaft von ,Anadolu’ nach einem Tor per Militärgruß gejubelt hat. Dieser Militärgruß hat auf einem Sportplatz nichts verloren“, zeigt sich der KSV „Mesopotamia“ in einer Stellungnahme verärgert.
Bereits im August trafen die SG Erfttal und KSV „Mesopotamia“ aufeinander. Dabei verlor der KSV mit 4:0. Zu Auseinandersetzungen oder Beleidigungen, wie bei dem Spiel am Wochenende, ist es damals nicht gekommen.
„Der Abbruch hat überhaupt nichts mit dem 3:0-Rückstand zu tun“, macht die Mannschaft noch einmal ihren Standpunkt zum Spiel am Wochenende deutlich und versucht damit auch die Vorwürfe von „Anadolu“ aus dem Weg zu schaffen, „im Hinspiel auf eigenem Platz haben wir auch 0:4 verloren und es kam nicht annähernd zu so einer Situation.“
„Da die Polizei frühzeitig das Konfliktpotenzial des Spiels erkannt hat und es Hinweise auf Auseinandersetzungen gegeben hat, wurden Einsatzkräfte vor Ort positioniert“, betont Polizeisprecherin Daniela Dässel. Und: „Die Stimmung ist hochgekocht und es hat auch Provokationen gegeben. Als das Spiel aber abgebrochen wurde, ist es zu keiner Straftat oder Anzeige gekommen. Deshalb ist die Polizei hier auch nicht weiter involviert.“
Nun soll der Fall des Fußballspiels geprüft werden. „Der Schiedsrichter hat einen Sonderbericht angefertigt. Das Verbandssportgericht wird den Vorfall innerhalb von vier Wochen verhandeln“, so die Rückmeldung von Henrik Lerch, Pressesprecher des Fußballverbandes Niederrhein.