Nur die selbst gebastelten Mühlen können noch einmal klappern ...
Grevenbroich · Die Wasserkraft der Erft hat bis weit in die 50er Jahre vielen Grevenbroicher Familien das täglich‘ Brot beschert. Das vom Bäcker verarbeitete Mehl kam aus sechs Grevenbroicher Mühlen. Bis auf die Kottmann-Mühle in Wevelinghoven sind alle ein Opfer des Strukturwandels geworden.
Der radierte fast eine ganze Branche weg.
Die Geschichte der Mühlenstadt Grevenbroich macht noch bis zum 23. August eine liebevoll zusammengestellte Ausstellung im „Museum der Niederrheinischen Seele“ in der „Villa Erckens“ zum Thema. Es ist ein Stück sehenswerte Heimatgeschichte.
Die Geschichte der Grevenbroicher Mühlen reicht weit bis in das Mittealter zurück. Die Gustorfer Mühle wurde urkundlich 1335 zum ersten Mal erwähnt, die der „Kampers Mühle“ im Jahr 1273. Ein erster Hinweis auf die Elsener Mühle lässt sich im Jahr 1263 entdecken und die Wevelinghovener Obermühle findet bereits im zwölften Jahrhundert urkundliche Erwähnung.
Der Nachbar, die Wevelinghovener Untermühle, findet in schriftlichen Quellen erste Erwähnung im Jahr 1305. Mit dem Bau der Neubrücker Mühle an der Erft durch die Herren von Dyck entstand 1678 der letzte Mühlenbau im heutigen Grevenbroich.
Das Ende für die Mühlen kam weitgehend im 20. Jahrhundert. Um den Standort der Elsener Mühle entstand nach 1809 mit der Spinnerei von Friedrich Koch eine Unternehmen der Textilbranche, das immerhin noch die Wasserkraft der Erft nutzte. Das Mühlengebäude selbst fiel einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg zum Opfer.
Die Produktion in der Gustorfer Mühle endete mit einem Großbrand 1961. In der Kamper-Mühle wurde noch bis 2006 Getreide verarbeitet. Heute noch wird dort die Wasserkraft zur Stromgewinnung genutzt. Die Turbinen können rund 150 Wohneinheiten versorgen.
Die „Drees-Mühle“, die Wevelinghovener Untermühle, lief noch bis 1960, war aber schon 1892 als Dampfsägemühle umgerüstet worden. Auch ihre Turbinen werden zur Stromgewinnung genutzt.
Die Neubrücker Mühle, 1875 zur Sägemühle umgebaut, stellte 1956 ihren Betrieb en, als der Tagebau und der damit veränderte Wasserstand der Erft die Fortführung unmöglich machte. Bleibt noch die Obermühle, seit 1894 im Besitz der Familie Kottmann, die durch geschicktes Management und Ausrichtung auf Dinkel- und Biomehle eine sichere Marktposition besitzt.
Auch hier spielt die Erft als Energiespender keine Rolle mehr. Die außer Kraft gesetzte Turbine ist durch den Boden eines Sitzungszimmers zu bewundern.
Die Mühlengeschichte bezieht auch die mit dem Mühlenbetrieb verbundenen Berufe mit ein, zeigt Werkzeuge und stellt Produkte vor. Darunter ist auch der „Molter“, der Teil des Mahlguts, den der Müller für sich behalten durfte. Gemälde, bei denen die Erft und die Mühlen die Hauptrolle spielen, ergänzen die Ausstellung.
Besonders interessant ist ein Achenbach-Werk aus dem Jahr 1868, in dem der Künstler in einer Komposition verschiedenen Mühlenansichten miteinander verbindet, aber die Gustorfer Mühle in den Mittelpunkt rückt.
Hauptaspekt der Ausstellung bleibt die Geschichte der alten Mühlen. Museumsleiter Thomas Wolff hat viele alte Aufnahmen zusammengetragen, darunter auch ein Foto der abgebrannten Gustorfer Mühle, „früher für uns Kinder ein mystischer Ort“. Heute fein ausgebaut mit Büros und Arztpraxis und mit einer restaurierten Turbine als Blickfang.
In einem kleinen Nebenraum zeigt ein Fußbodenbild, ein Ausschnitt einer Karte des Erft-Verbandes, die Standorte der Grevenbroicher Mühlen, orientiert sich dabei am aktuellen Flusslauf.
„Der wird nicht so bleiben“, ist sich Wolff sicher, dass die Renaturierungsmaßnahmen des Erft-Verbandes viele Umwerfungen mit sich bringen werden. Das könnte sogar dazu führen, dass alte Mühlenstandorte trockenfallen.
Bernd Bucher vom Erft-Verband hat das am vergangenen Mittwoch im Rahmen eines Vortrags „Zukunft Erft – das Perspektivkonzept 2045 und die Renaturierung des Erft-Laufs“ thematisiert. Die Mühlen bilden auch den Rahmen für ein Angebot für Kinder. Am 29 Juli heißt es um 15 Uhr: „Wir basteln eine Mühle“. Als Sommerferienprogramm wird eine Führung durch die Ausstellung angeboten mit anschließendem Bastelspaß. Das Angebot richtet sich an Kinder zwischen sechs und zehn Jahren und ist auf zehn Kinder begrenzt. Es wird um Anmeldung bis zum 27. Juli unter 02181/ 608-630 gebeten. Zumindest die gebastelten Mühlen können dann noch einmal klappern.