Die Grevenbroicher Wassermühlen — ein Tor zur Heimatgeschichte

Wassermühlen waren über Jahrhunderte mitbestimmend für das Bild der Flüsse und Bäche inEuropa, so auch in unserer Heimat. Sie waren aus dem Wirtschaftsleben nicht wegzudenkenund hatten ihren eigenen Rechtsraum.

Die Stadt Grevenbroich hatte ursprünglich nur eine Wassermühle, die "Mühle Kamper". Am 1. April 1937 wurde das Amt Elsen aufgelöst und in die Stadt Grevenbroich eingemeindet.

Mit der Elsener Mühle, die im zweiten Weltkrieg zerstört wurde, kam Grevenbroich zu seiner zweiten Wassermühle. Nach der kommunalen Neugliederung 1975 sehen wir vier weitere Wassermühlen auf dem Gebiet der Stadt Grevenbroich, die Gustorfer Mühle, die Mühlen Kottmann und Drees in Wevelinghoven und die Neubrücker Mühle in Kapellen.Wald". An der Erft. Funde weisen nach, dass in der Urzeit Mahlsteine neben Steinäxten und -beilen zu den ersten Werkzeugen der Menschen gehört haben. Mahlsteine ermöglichten ihnen, die Samen der verschiedensten Pflanzen aufzuschließen, zu mahlen. Es wurden im Laufe der Jahrtausende verschiedene allen kamen aber Mahlsteine zum Einsatz. Erst Ende des 20. Jahrhunderts wurden völlig neue Techniken entwickelt wie mit der Walzenmühle.

Noch heute werden zum Beispiel in Nordafrika auf dem Lande Handmühlen, bestehend aus zwei Mahlsteinen, verwendet. Der Mensch wurde sesshaft und es entstanden Siedlungen
und schließlich Städte. Der Bedarf an Lebensmitteln wuchs und Brot wurde zumindest
im Mittelmeerraum, im "fruchtbaren Halbmond", zum Lebensmittel schlechthin. Viele Stellen in
der Bibel weisen daraufhin und im "Vater unser" beten wir ja immer wieder "unser tägliches Brot gib uns heute". Zu den Getreidemühlen gesellten sich im Laufe der Entwicklung Ölmühlen. Der Erfindungsgeist der Menschen ersann die verschiedensten Antriebsarten für die größer werdenden Mühlen. Wir wissen aus dem Altertum, dass nicht nur Tiere für den Antrieb der Mühlen eingesetzt wurden, sondern auch Menschen, Sklaven. Wassermühlen waren schon bei den Römern im ersten Jahrhundert vor Christus bekannt.

Auch nördlich der Alpen sind ab dem dritten Jahrhundert nach Christus Wassermühlen
nachgewiesen. Die Ausbreitung der Wassermühlen dürfte aber erst im 11./12. Jahrhundert erfolgt sein. In dieser Zeit brachten wohl Kreuzfahrer die Technik der Windmühlen nach Europa.
Die Bedeutung des Mühlenwesens fand im frühen Mittelalter in speziellen Rechtsvorschriften ihren Niederschlag. Der Grundherr oder später der Landesherr hatte die Verfügungsmacht
über Grund und Boden und alle sich darauf befindlichen Anlagen. Hieraus entwickelte
sich der "Mühlenbann", der für alle Ansässigen den Mahlzwang zur Folge hatte. Der Müller hatte also einen festen Kundenkreis und einen Teil des Mahllohnes musste er an den Grundoder
Landesherrn abführen, so dass auch diesem eine Einnahmequelle sicher war. Die Mühlen lagen oft außerhalb der Ortschaften. Es bildeten sich im Laufe der Zeit Mythen und Legenden um die Mühlen. Der Ruf der Müller war nicht der Beste. Die Mühle galt auch als Ort der Ausschweifung und der "Brockhaus" vermerkt für das 15./16. Jahrhundert eine ausgesprochene
"Mühlenprostitution". Eine grundlegende Änderung des Mühlenrechts ergab sich durch die Besetzung rheinischer Gebiete Ende des 18. Jahrhundert durch Frankreich. Nun galt die
Gewerbefreiheit. Allerdings bedurfte es zur Errichtung einer Mühle einer Genehmigung,
da insbesondere bei der Wassermühle in andere Rechtsbereiche, wie Wasserrechte,
eingegriffen wurde.

Auch als 1815 das gesamte Rheinland preußisch wurde, behielt das französische Recht seine Gültigkeit. Erst die "Allgemeine Gewerbeordnung" von 1845 schuf für die gesamte preußische
Monarchie eine einheitliche Grundlage zur Handhabung des Gewerbewesens und damit
auch des Mühlenwesens. Die Bedeutung des Mühlenwesens lässt sich anhand einiger Zahlen erkennen. Im Jahre 1855 wurden im Regierungsbezirk Düsseldorf 406 Wassermühlen und
224 Windmühlen gezählt. Inzwischen hatte man gelernt, die Wasserkraft mit Hilfe des Mühlrades für Mühlen der verschiedensten Art einzusetzen. Beispielhaft sind hier Papiermühlen und Sägemühlen genannt. Die intensive Nutzung der Wasserkraft führte insbesondere hier am Niederrhein zu besonderen Problemen. Die wenigen Bäche und
Flüsse waren gefällsarm. Der Wasserzufluss reichte vielfach nicht zum Betrieb der Mühlen aus. Die Wasserläufe wurden aufgestaut, Mühlenteiche wurden angelegt. Man konnte nur mahlen, wenn auseichend Wasser aufgestaut war. Dieser Eingriff führte zu Streitigkeiten zwischen den Müllern und zur Überschwemmung von Wiesen und Ackerland. Die Bauern waren dann
auch nicht bereit, diese Schäden hinzunehmen. Diese kurze Einführung zeigt schon, mit welchen Problemen der Betrieb der Wassermühlen in unserer Region behaftet war. Die
Mühlenromantik hielt sich also durchaus in Grenzen. Die Erft war buchstäblich die treibende Kraft für unsere Mühlen.

Die Erft ist ein Wiesenfluss, ein Niederungsfluss, mit geringem Gefälle. Sie ist 106 Kilometer
lang, entspringt in Nettersheim-Holzmülheim in der Eifel und mündet bei Grimglinghausen
in den Rhein. Die Erft-Quelle liegt auf 527 Meter, bei der Mündung in den Rhein sind es noch
31 Meter. Bis zum Jahre 1860 soll der Unterlauf der Erft auf einer Strecke von 55 Kilometern 26 Mühlen bewegt haben. Nach 1860 schuf man ein Flut- und Entwässerungssystem, das den
anderen Anliegern an der Erft zu ihrem Recht verhalf, andererseits den Erft-Mühlen genügend Wasser für ihren Betrieb beließ. Eine entscheidender Fortschritt in der Nutzung der Wasserkraft war die Entwicklung der Wasserturbine Mitte des 19. Jahrhundert, die einen erheblich größeren
Nutzungsgrad gegenüber dem Wasserrad brachte. Eine völlig neue Situation ergab sich ab Mitte des 20. Jahrhundert für die Wassermühlen an der unteren Erft, die zu dieser Zeit noch in
Betrieb waren, durch den Braunkohletagebau.

Die Erft wurde zum Teil kanalartig ausgebaut und in großem Stil wurde das Sümpfungswasser aus dem Braunkohletagebau in die Erft eingeleitet. Dies führte zu einem verhältnismäßig gleichmäßigen Wasserstand der Erft. Die historischen und technischen Daten der Grevenbroicher Wassermühlen sind in den verschiedensten Publikationen vorgestellt worden. Die Gebäulichkeiten mit den Wehranlagen aller Grevenbroicher Wassermühlen, mit Ausnahme der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Elsener Mühle, bestehen noch. Die Gebäude dienen den verschiedensten privaten und gewerblichen Zwecken, die Wehranlagen der Regulierung des Erft-Wassers. Getreide wird noch in einer Mühle gemahlen, in der Mühle Kottmann in Wevelinghoven.