Die “Mühlen-Tour”: Genuss pur, Natur pur
Die Radwege rechts und links der Erft laden geradezu zu einer Radtour ein. Dies gilt ganz besonders für die Radwege im Stadtgebiet Grevenbroich. Steigungen sucht man vergebens. Clemens Schelhaas nennt die Tour entlang der Erft von der Gustorfer bis zur Neubrücker Mühle "Mühlentor".
Landschaftlich führt sie durch einen der schönsten Abschnitte an der ganzen Erft. Genuss pur — Natur pur. Während der Energiepfad, dessen Beschilderung wirauf der "Mühlentour" nicht berücksichtigen, uns über die heutige Energiegewinnung im Grevenbroicher Raum informiert, bringt uns die "Mühlentour" der Energiegewinnung in früheren Zeiten näher. Die Wassermühlen an der Erft gewannen die Energie aus dem Wasser und haben über Jahrhundert unser Wirtschaftsleben mitbestimmt. Im jetzigen Stadtgebiet Grevenbroich gab es sechs Wassermühlen, von denen heute noch fünf existieren. Eine ist noch in Betrieb,die Obermühle in Wevelinghoven (Lesen Sie auch den gesonderten Bericht über das Mühlenwesen).
Wir steigen an der Gustorfer Mühle in die Radtour ein. Die Gustorfer Mühle wird 1335 das erste Mal erwähnt und war bei wechselvoller Geschichte bis 1961 in Betrieb. Sie hatte einen
besonders großen Einzugsbreich. Die Bewohner der Dörfer Frimmersdorf, Gustorf und Gindorf mussten ihr Getreide bei der Gustorfer Mühle mahlen lassen. 1961 brannte die Gustorfer Mühle
völlig aus. Erst in den letzten Jahren wurden die Gebäude wieder instand gesetzt. In dem stattlichen Gebäude hat inzwischen unter anderem eine Arztpraxis ein Unterkommen gefunden.
Besonders sehenswert ist die rekonstruierte mittelalterliche hölzerne Wehranlage. Der Radweg kommt auf der linken Erft-Seite von Frimmersdorf und führt nach Grevenbroich (4,4 Kilometer).
Es wird jedoch empfohlen, den nicht beschilderten und nicht asphaltieren Weg auf der rechten Erft-Seite zu nehmen. Er ist interessanter. An der ersten Erft-Brücke, der "Neuenhausener-Brücke", kommen die Routen wieder zusammen und die Beschilderung führt jetzt auf die
rechte Erft-Seite. Hier an der Brücke lohnt es sich, auf der linken Erft-Seite einen Pfad
200 Meter wieder flussaufwärts zu fahren. Hier beginnt ein interessanter "Fisch und Gewässerlehrpfad". Folgt man an der Brücke nicht der Beschilderung Richtung Grevenbroich und nimmt die linke Erft-Seite, kommt man zum Tierfreigehege, besonders für Kinder ein Höhepunkt.
Vorher wurde durch einen links-rechts Schlenker die Autobahn unterquert. Man kann aber
auch bei der Autobahnunterführung rund 400 Meter geradeaus durch eines der schönsten Feuchtbiotope an der Erft fahren. Dann fährt man rechts und kommt zu einer Schutzhütte an der Erft. Die Schutzhütte ist Ausgangspunkt für das Tierfreigehege. Es ist ebenso gut
zu Fuß wie mit dem Fahrrad zu erkunden. Im Zentrum ist ein kleiner Spielplatz. Die Routen rechts- und linksseitig der Erft treffen in Grevenbroich nach der Eisenbahnbrücke auf der
linken Erft-Seite (Flutgraben) zusammen und führen inRichtung Landes-Garten-Schau-Gelände. Mit etwas Glück kann man auf der künstlichen Wildwasserstrecke Kanuten in
ihrem Element sehen. Hinter der nächsten Brücke liegt recht das Grevenbroicher Stadion, dahinter das "Alte Schloss". Das "Alte Schloss" gilt als das Wahrzeichen von Grevenbroich.
Der älteste Gebäudeteil geht auf das 15. Jahrhundert zurück. In dem Waldstück auf der linken Seite der zum Alten Schloss führenden Straße befinden sich neun Kunstwerke (Finlay-Park)
des international anerkannten Dichters, Künstlers und Gartenkünstlers Ian Hamilton Finlay (1925 bis 2006). Fährt man durch den Torbogen am "Alten Schloss", liegt links die romantische
Zufahrt zur Erft-Mühle.
Interessant ist auch der Blick auf die Erft-Mühle vom nahen Park auf die Rückseite. Die Erft-Mühle, auch als "Kampers-Mühle" bekannt, geht auf das Jahr 1273 zurück. 1551 wird von
einer Ölmühle berichtet, die auf der anderen Seite der Erft stand. 1778 wurde die alte Getreidemühle durch eine neue ersetzt. Seit 1873 gehört das Anwesen der Familie
Kamper. Die Erft-Mühle war bis vor wenigen Jahr in Betrieb. Der von hier sichtbare
Kirchturm zeigt das Zentrum von Grevenbroich mit dem Marktplatz, dem Rathaus und der umliegenden Gastronomie an. Zurück zur Erft-Brücke folgen wir den Hinweisschildern
Jüchen und Neuss entlang der Erft in den Stadtpark. Hier treffen mehrere Radwanderwege zusammen. Ist die Entscheidung für den Marktplatz gefallen, kann man sich auch links halten
und erreicht über die Breite Straße wieder die Erft und die Ausschilderung. Ebenso führt nach Überquerung des Ostwalls (B 59) am Rathaus die Route links zur Ausschilderung (Knoten-Punkt 1).
An dem Knotenpunkt befindet sich eine Hinweistafel der " Rad Region Rheinland". Sie liefert Infos über die verschiedensten Routen. Dann geht es zunächst weiter vorbei an der "Villa Erckens", dem "Museum der niederrheinischen Seele", Richtung Wevelinghoven (4,1 Kilometer) bis zur "Apfelwiese" im Landes-Garten-Schau-Gelände. Vom Stadtpark aus liegt auf der gegenüberliegenden Seite der Erft, die sich hier zu einem Kolk verbreitert, die "Stadtparkinsel". Der Blick fällt auf mehrere Gebäude, die noch von der Spinnerei- und Weberei Erckens stammen, die aus der Elsener Mühle hervorging und heute von der Stadt Grevenbroich für kulturelle Zwecke genutzt werden. Die eigentliche Elsener Mühle fiel im zweiten Weltkrieg den Bomben zum Opfer. Die Elsener Mühle wurde 1263 an den "Deutschen Orden" verkauft, der ja im heutigen Ortsteil Elsen seinen Sitz hatte. An der Elsener Mühle verlief damals auch die Grenze zwischen Grevenbroich und Elsen.
Die Elsener Mühle wechselte mehrfach den Besitzer und wurde auch als Ölmühle genutzt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde sie als "Spinnmühle" betrieben, aus der die Spinnerei und Weberei Erckens hervorging, die bis Anfang der 50. Jahre produzierte. Ab der "Apfelwiese" fährt man Richtung Neuss und Wevelinghoven und folgt über zwei Holzbrücken der Beschilderung "Erft-Radweg" in Richtung Neuss. Erreicht man eine Schutzhütte, liegt man richtig. Die Schutzhütte ist mit tausenden von Bierflaschenverschlüssen, von Kronenkorken "verziert", die sich zum "Biertempel" formieren. An der Obermühle oder "Kottmanns Mühle" in Wevelinghoven laufen verschiedene Routen wieder zusammen. Die Obermühle dürfte die älteste aller Wassermühlen im Stadtgebiet Grevenbroich sein. Sie geht auf das 12. Jahrhundert zurück und mahlt heute noch. Bis zur Enteignung im Rahmen der Säkularisation gehörte sie dem Kölner Domkapitel.
Wie andere Erft-Mühlen wurde die Obermühle auch als Ölmühle genutzt. Über kurze Zeit wurde der Ölmühlenteil als Sägemühle genutzt. Die Obermühle erlitt auch das Schicksal vieler Mühlen, sie brannte mehrfach ab. Allein im 20. Jahrhundert wurde sie zweimal Opfer von Großbränden. Nun wird Kapellen angezeigt. Nach 2,5 Kilometer vorbei am Stadion Wevelinghoven kommen wir über den Knoten 14 zur Straße Wevelinghoven — Kapellen. Dieser Straße nach rechts folgend stoßen wir nach rund 500 Meter auf die zweite Wevelinghovener Mühle, die Untermühle, auch bekannt als "Drees-Mühle. Sie wurde vor 1305 gebaut und mahlte bis 1960. Bis um 1800 hieß die Untermühle auch "Gräfliche Mühle". Diese Bezeichnung geht auf Dietrich von Kleve, Graf von Hilkerode, zurück, dem in den Anfängen die Mühle gehörte. 1801 brannte die Untermühle ab. Die Ruine ging an einen Privatmann über, der sie mit vier Wasserrädern als Öl- und Mahlmühle wieder aufbaute. Von da ab hieß sie auch "Neue Mühle". Wir kehren zurück zum ausgeschilderten Radweg und halten uns nach links in Richtung Kapellen. An den letzten Häusern von Wevelinghoven (Knoten 13) ist nach rechts auf der linken Erft-Seite der "Erft-Radweg" beschildert. Wir folgen ihm und sind nach drei Kilometern in Neubrück. Vorher liegt rechter Hand eine Erft-Brücke, die wir nicht überqueren.
Der Erft-Radweg ist weiter beschildert und führt durch Gilverath in Richtung Neuss/Museumsinseln Hombroich nach Neubrück. Sehenswert ist auf diesem Streckenabschnitt ein Wegekreuz aus dem Jahre 1743, das sich an ein Transformatorenhäuschen anlehnt. Am Ortseingang von Neubrück folgen wir nicht weiter dem "Erft-Radweg", sondern biegen auf der von Kapellen kommenden Straße nach rechts ab. Nach rund 400 Metern hat man von der Erft-Brücke einen Blick auf unser Ziel, die Neubrücker Mühle. Im Sommer ist durch das viele Grün nur das Mühlenwehr zu sehen. Geht man auf der rechten Erft-Seite entlang eines Weidezaunes 100 Meter flussaufwärts, sieht man durch Bäume und Sträucher die zwei Mühlräder, ursprünglich waren es drei. Sie bieten noch etwas an echter Mühlenromantik. Eine Besichtigung der Neubrücker Mühle ist nicht möglich. Gebaut wurde die Neubrücker Mühle im Jahre 1678 von den Herren auf Dyck. Stillgelegt wurde die Neubrücker Mühle 1956. Zuletzt wurde sie als Mahl- und Sägemühlebetrieben. Zeitweise war sie Ölmühle.
Interessant sind hier die Überlegungen der damaligen Herren auf Dyck: Die Neubrücker Mühle war eine Ergänzung zu den Windmühlen in Aldenhoven und Büttgen. Folgt man der Empfehlung für die Rückfahrt, erreichen wir, weiter nach rechts der Straße folgend, über Mühlrath nach rund 2,5 Kilometern das historische Hülchrath. Hülchrath wird überragt von einem Schloss mit einem fünfgeschossigen Burgfried, das auf das Jahr 1314 zurückgeht. Mehrere Gebäude im Ort selbst stehen unter Denkmalschutz. Am Ortsausgang von Hülchrath zeigt rechts die Beschilderung über Kloster Langwaden und Wevelinghoven nach Grevenbroich
(9,6 Kilometer). Abschließender Höhepunkt der Radtour ist das Zisterzienserkloster
Langwaden. 1995 konnte Kloster Langwaden sein 850-jähriges Bestehen feiern. Nachdem
unter Napoleon im Zuge der Säkularisation das Prämonstratenserinnenkloster aufgelöst worden
war, baute ab 1964 der Zisterzienserorden die Anlage wieder als Kloster auf. Kloster Langwaden ist heute ein Ort der Ruhe, der Stille aber auch der Begegnung. In Wevelinghoven führt dann der Rückweg direkt an der Untermühle vorbei. Ab der Obermühle, wo die
Beschilderung wieder auf Strecke über Grevenbroich an den Ausgangspunkt, die Gustorfer Mühle, zurück. Ab Grevenbroich sind es noch vier Kilometer. Die angegebenen Entfernungen
sind Richtwerte. Je nach gewählter Route ergeben sich Differenzen. Die gesamte Tour ist mit rund 28 Kilometern anzusetzen.