Als noch Nixenhaar in der Erft schwamm …
Grevenbroich · In der Literatur. "Lieber Jakob, Du willst also meiner Einladung folgen und mit mir eine Fußwanderung durch die Parklandschaft unternehmen. (…) Mache Dich auf allerlei gefasst. Ein Notizbüchlein und Stift wären zu empfehlen.
Vergiss Deine Kamera nicht", schreibt der Heimatkenner Engelbert an einen (fiktiven) Jakobus Freudevoll. Und dann folgt eine fröhliche Schilderung der Erft, des Lebens an der Erft und des Wanderns an der Erft.
Diese Geschichte einer "Wanderung mit vielem Verweilen" findet sich in einem der Heimatbücher, die in den 50er Jahren liebevoll herausgegeben wurden und die sich heute im Besitz des Stadtarchives befinden. Mit Archivar Thomas Wolff sprach der "Bend-Bote" über Erft und Bend in der Literatur. Doch eines muss klar gesagt werden: Die ersten Erwähnungen in "Büchern" entstanden nicht aus künstlerischen Motiven, sondern dienten der Dokumentation von Besitzungen. Neben dem berühmten "Dingstuhl Grevenbroich" (der die Grenzen der Gerichtsbarkeit zeigt) ist es vor allem der "Besitzatlas des Deutschen Orden in Elsen" (1759 bis 1761), der mit seinen 31 gezeichneten Karten als Grundlage für die Erhebung der Steuern diente.
Er zeigt Ländereien aus der Vogelperspektive, wichtige Gebäude im Detail. Viele der dargestellten Orte bestehen bis heute; andere mussten dem Braunkohle-Tagebau weichen. Auch später noch waren nette Geschichten über die Erft und Bend oft so eine Art Beiwerk zu sachlichen Informationen: In einem Heimatbuch aus den früheren 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts musste der Text "Im Erft-Tal" zwischen Tipps zur Mäusebekämpfung, Informationen für Jäger sowie dem "Trächtigkeits- und Brutkalender" Platz finden.
Dort stehen aber auch diese euphorischen Zeilen zu lesen: "Die Schönheit des ErftBendes, der landschaftlichen Eigenart unserer Gegend, will ich mein Loblied singen. Zwischen niedrigen, unterspülten Wiesenufern, von leise rauschendem Ried und spitz aus dem Wasser schauenden Schachtelhalmen umsäumt, zieht der Fluss seine gewundene Bahn, unter seinen meist schwärzlich schimmernden Spiegel lange Fahnen von Froschlöffel und Pfeilkraut oder von weißbesterntem, grünem Nixenhaar des Wasserhahnenfußes zwingend." In diesen Jahren des vorigen Jahrhunderts dominierte der "Heimatfilm" nicht ohne Grund den bundesdeutschen Film: Der Wunsch, nach den Grauen des Krieges sich an der Schönheit (einer politisch unverdächtigen) Heimat zu erfreuen, dominierte auch die Literatur. Und so beschrieben viele Autoren — darunter auch der bis heute bekannte Josef Bremer — Bend und Erft in schönen Worten und in gedrechselten Sätzen. In den späteren Jahrzehnten rückten der bundesrepublikanische Alltag und die deutsche Vergangenheitsbewältigung absolut in den Mittelpunkt der Literatur und der Literaten. Und ein Flüsschen zwischen Niederrhein und Eifel verlor an Aufmerksamkeit. Das änderte sich erst in dem Moment wieder, in dem sich "Heimatkrimis" aufschwangen, Mode zu werden. Und wenn Mörderjagd an der Ahr Eine der ersten "literarischen" Erwähnungen der Erft: Im Dingstuhl wurde die Gerichtsbarkeit geregelt.
Die "Tabelle III" aus dem "Besitzatlas des Deutschen Ordens in Elsen" bringt eine genauere Darstellung der Elsener Mühle. oder am Kaiserstuhl zum Erfolg werden kann, dann kann sie sich auch an der Erft lohnen. Arnold Küsters, Lothar Birkner oder auch Kurt Lehmkuhl sind einige Namen, die hier fallen müssen. Und irgendwie schließt sich hier der Kreis — vom mittelalterlichen Dingstuhl zur fröhlichen Mörderjagd der Jetzt-Zeit.